224

Dschihad im Klassenzimmer Beratungsstellen warnen vor "Hasskindern" von Salafisten

Immer wieder wurde in den letzten Jahren über Jugendliche berichtet, die zu Salafisten wurden und nach Syrien zum Kämpfen ausgereist sind. Zum Entsetzen ihrer Familien, denn häufig radikalisieren sich Jugendliche, die ohne Religion aufgewachsen sind. Nun aber taucht in Beratungsstellen ein neues Phänomen auf: Eltern, die selber radikal sind und ihre Kinder indoktrinieren.

Von: Joseph Röhmel

Stand: 20.10.2017 | Archiv

Jugendlicher sitzt vor Computer-Bildschirm mit Salafismus-Schriftzug | Bild: imago/Ralph Peters

Jugendliche, die zu Salafisten werden und nach Syrien gehen, sind das eine. Nun aber taucht seit einigen Monaten in Beratungsstellen ein neues Phänomen auf: Eltern, die selber radikal sind und ihre Kinder indoktrinieren. Das hat Folgen: Denn diese Kinder stören den Unterricht, beschimpfen Lehrer und Klassenkameraden als Ungläubige und träumen vom Dschihad. Manche dieser Kinder und Jugendlichen landen in Syrien.

BR-Autor Joseph Röhmel ist auf einen Fall aus Bayern gestoßen. Es ist die Geschichte von zwei Schwestern aus einer türkischstämmigen Familie. Ihre Lehrer konnten jahrelang beobachten, wie die strenggläubigen Eltern die beiden Mädchen indoktrinierten. Die eine lebt inzwischen in einem anderen Bundesland und hat einen Mann geheiratet, der mit Dschihadisten sympathisiert. Die andere Schwester ist nach Syrien gegangen und hat sich dort einer Terrorgruppe angeschlossen.

Jahrelange Indoktrination

Der Ethiklehrer war Zeuge der Radikalisierung. Anonym schildert er dem Bayerischen Rundfunk seine Erlebnisse:

"Eine der Schwestern hatte großes Vertrauen zu mir und bat mich Mitte der 8. Klasse um Hilfe. Sie schilderte ihre Lebenssituation als Gefangene, die weder einen eigenen Willen noch Freiheiten besaß. Als Lösung bot ich ihr an, dass sie offiziell für zwei Stunden pro Tag 'Förderunterricht' bekäme, um über das Internet chatten zu können. Das durfte zwar jeder Mann in der Familie, den Mädchen aber wurde das strikt verweigert."

Ethiklehrer, anonym

Vater verweigert Handschlag, Mutter nennt Lehrer "Nazi"

Nachdem der Lehrer der Jugendlichen ermöglicht hatte, mit ihren Freunden zu chatten, suchte er das Gespräch mit den Eltern - gemeinsam mit einer Kollegin. Die Mutter kam voll verhüllt. Der Vater verweigerte der Kollegin den Handschlag. Auf den Hinweis, dies sei in Europa ein Akt der Unhöflichkeit, erwiderte der Vater kühl, das interessiere ihn überhaupt nicht, sein Gesetz sei der Koran und der Handschlag mit einer unreinen Frau ein Tabu. Alles andere als der Koran interessiere ihn sowieso nicht. Die Mutter, so die Schilderung des Lehrers weiter, sagte, es gehe nicht, dass Mädchen und Jungen in einer Klasse säßen. Als sie das Klassenzimmer verlässt, zischt sie zum Lehrer: "Du Nazi."

Dschihad als Befreiung vom Würgegriff der Eltern?

Dominante und strenggläubige Eltern, die Lehrer beschimpfen und ganz offen zeigen, dass sie die westliche Lebensweise ablehnen. Ist das die Grundlage für eine Radikalisierung? Der Auslöser dafür, dass eines der Mädchen in Syrien gelandet ist? Für den Ethiklehrer vorstellbar. Er sagt, der Weg in den Dschihad sei für die damals 17-Jährige fast schon eine Befreiung vom Würgegriff der Eltern gewesen. Nach dem Elterngespräch erinnert sich der Ethiklehrer:

"Sie entschuldigte sich unter Tränen für den Auftritt ihrer Eltern. Und sie war mir unbeschreiblich dankbar, dass ich ihr anderthalb Stunden Freiheit im Internet gewährt hatte."

Ethiklehrer, anonym

Kinder zwischen zwei Welten

Die Psychologin Marianne Rauwald leitet das Institut für Traumabearbeitung und Weiterbildung in Frankfurt am Main. Sie betrachtet die schriftlichen Aufzeichnungen des Ethiklehrers der beiden türkischstämmigen Mädchen.

"Ich glaube, er wollte dem Mädchen wirklich helfen. Vermutlich denkt er, dass er ihr am besten hilft, indem er sie ans 'westliche Ufer' zieht. Die Freiheiten mit dem Internet, die Möglichkeiten, einen Freund zu haben. Was er dabei übersieht, ist, dass das Kind zwischen zwei Welten steht. Und dass man es nicht einfach rüberziehen kann. Denn dann verliert es seine Herkunftsfamilie komplett."

Marianne Rauwald, Psychologin

'Erziehungstipps' von Hasspredigern

In einem Online-Video gibt Abdellatif Rouali – eine zentrale Figur der Salafisten-Szene im Rhein-Main-Gebiet - "Erziehungstipps" für Gleichgesinnte. Schlagen gehört für ihn ganz offensichtlich dazu. Ab zehn Jahren dürfe man Jungen schlagen, aber so, dass man sie nicht 'kaputt' mache. Genauso wie Frauen - aber nicht so, dass sie eine Beule bekämen.

Häufung der Fälle

Salafismus-Experten registrieren eine Häufung derartiger Fälle in den letzten Monaten. Das berichtet die in Nürnberg angesiedelte Radikalisierungs-Hotline des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bamf). Vermehrt melden sich dort Lehrer und Schulpsychologen aus ganz Deutschland, denen Schulkinder mit islamistischen Tendenzen auffallen. Ein neues Phänomen sei das, sagt Florian Endres, Leiter der dortigen Beratungsstelle. Kinder haben demnach eindeutige Propagandavideos auf ihren Smartphones. Sie bezeichnen den Anschlag auf den Breitscheidplatz in Berlin als 'völlig legitim', der Attentäter solle seine Belohnung im Paradies bekommen. Auch komme es vor, dass Schüler entsprechend versuchen würden, an ihren Schulen zu missionieren. Gefragt sind in diesem Fall Beratungsstellen, die sich direkt vor Ort um solche Fälle kümmern und mit denen die Stelle im Bamf kooperiert.


224

Kommentieren

Gerd, Sonntag, 29.Oktober 2017, 11:38 Uhr

38. Ins gelobte Land

Kein Moslem, der sich hier nicht wohl fühlt, ist gezwungen, hier zu leben. Es steht Ihnen frei, sich jederzeit auf die Reise in Ihr gelobtes Land zu begeben. Der Staat und die Gesellschaft müssen in dieser Sache Nulltoleranz praktizieren!. Psychologen, die diese Kinder "gewinnen" wollen, sollten Ihre Energie auf Sinnvolles richten. Wir können nicht jedem helfen, aber das Unverständnis der normalen Bürger und die AFD stärken.

Reinhard Echterling, Sonntag, 29.Oktober 2017, 07:21 Uhr

37. Konsequenz des wiedererstarkenden NS

Es ist kein Wunder, daß nicht nur Muslime beginnen, Widerstand gegen den Rechtsruck zu leisten, da alle Ausländer wissen, was Deutsche das letzte Mal mit Minderheiten taten. Es wäre falsch von den heutigen Minderheiten, sich so friedliebend wie die damaligen Roma und Juden zu verhalten.

  • Antwort von Manfred Sommer, Sonntag, 29.Oktober, 23:15 Uhr

    Sehr geehrter Herr Echterling,

    immer wieder die alte Leier vom Nationalsozialismus. Haben Sie sich mal wirklich näher und unabhängig mit der ganzen Thematik islamischer Terror, Integrationsproblematiken ect. auseinandergesetzt? Ich bezweifle dies zumindest, Sie prononcieren hier lediglich die typisch linksorientierte Leitkultur, die nur eine einzige und eben auch propagandistische Richtung kennt. Desweiteren verstehe ich nicht, dass dieser Kommentar von Ihnen öffentlich zugelassen wurde, da Sie hier ganz offensichtlich von Ihnen nicht näher benannte Minderheiten zu gewaltsamen Aufstand aufrufen. Einen schönen Tag!

Ben - Ralf, Sonntag, 29.Oktober 2017, 05:54 Uhr

36. Krieg der Welten

Vielen Dank für solch einen offenen Artikel über eine schleichende Problematik in unserem Land.
Mal sehen, was in 10 oder 15 Jahren in der Presse steht, über Salafisten und andere radikale Muslime in Deutschland.

Uwe, Mittwoch, 25.Oktober 2017, 12:25 Uhr

35.

Und genau das ist es was Herr Glaser gemeint hat. Was tuen die Parteien? Sie wählen ihn aus falsch verstanderner Tuleranz NICHT!

  • Antwort von Sandman, Mittwoch, 25.Oktober, 18:37 Uhr

    @ Uwe: Herr Glaser wurde nicht aus Toleranz nicht gewählt, sondern aufgrund von Äußerungen, die nicht mit unsrer Verfassung vereinbar sind.
    Die Causa Glaser wird aber unter genügend Berichten diskutiert, hier ist sie fehl am Platz.

aydee, Montag, 23.Oktober 2017, 22:01 Uhr

34.

Solange es die Behörden jeglicher Art nicht in ihre Köpfe bekommen, das solche Personen unserem Land nur Schaden zufügen, solange gehen wir mit Riesenschritten unserem Untergang entgegen. Wieso kommt da eine Mutter vollverhüllt in eine Schule? Warum wird hier nicht, wie in vielen anderen Ländern klipp und klar ein Burka/Niquab-Verbot ausgesprochen? Dieses Herumgeeiere, diese Rassismusvorwürfe wenn man nur andeutet das doch was falsch läuft in Deutschland...Selbst die Polizei ruft um Hilfe und gibt bekannt, das man nicht härter gegen ausländische Verbrecher vorgehen kann, weil man sonst als Rassist gilt! Kinder die demnach eindeutige Propagandavideos auf ihren Smartphones haben, sollten sofort vom Unterricht suspendiert werden und den Behörden gemeldet werden. Solchen Menschen muss man unmissverständlich beibringen, das so ein Tun in Deutschland nicht geduldet wird.
Ich weiss! Das wird ein Traum bleiben.