91

Streit um Atommüll Hendricks will weiter Zwischenlager in Bayern

Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) zeigt sich unbeeindruckt von der Kritik aus Bayern. Sie hält an den Plänen für ein Atommüll-Zwischenlager im Freistaat fest. Bayern habe eine Mitverantwortung bei der Lösung des Problems.

Stand: 23.06.2015

Ein an einer Kette befestigtes Schild im atomaren Zwischenlager in Gorleben warnt vor Strahlung. | Bild: picture-alliance/dpa

Die Reaktion der bayerischen Staatsregierung sei nicht angemessen, sagte sie der Zeitung "Die Welt". Bayern habe über Jahrzehnte hinweg mehr als jedes andere Bundesland von der Atomenergie profitiert und folglich auch mehr Atommüll produziert. Sie erwarte, dass Bayern sich nun auch seiner Mitverantwortung für die Lösung dieses Problem stelle.

Nur Bayern sträubt sich

Der Streit dreht sich seit Jahren um 26 Castor-Behälter mit deutschem Atommüll. Dieser wurde in Großbritannien und Frankreich aufbereitet und soll nun irgendwo in Deutschland gelagert werden.

Schleswig-Holstein und Baden-Württemberg hatten sich bislang bereit erklärt, einige Behälter aufzunehmen. Unter anderem Bayern lehnte das strikt ab - und weigert sich jetzt nach Bekanntwerden der Pläne von Bundesumweltministerin Hendricks erst recht. "Die Nummer ist Wahnsinn!" oder "Das geht so gar nicht!", heißt es in der CSU. Damit steht der Freistaat alleine da, denn auch Hessen hat mittlerweile zugestimmt, Castoren aufzunehmen.

CSU stellt Energiewende in Frage

Die Staatsregierung ärgert sich über die Entscheidung von Ministerin Hendricks. Der Vorstoß sei bisher in Koalitionsrunden nie angesprochen worden. Staatskanzleiminister Huber (CSU) übte an der bevorstehenden Vereinbarung zwischen dem Bund und verschiedenen Energiekonzernen über eine Zwischenlagerung von Atommüll heftige Kritik und drohte, die Energiewende scheitern zu lassen. Einseitige Festlegungen des Bundes seien politisch unklug und dreist.

"Eine Energiewende gegen den Willen einzelner Länder hat keine Chance. Ich fordere den Bund daher auf, die Entscheidung über die Zwischenlagerung von Atommüll zurückzustellen und – wie alle Fragen der Energiewende – am Verhandlungstisch mit den Ländern zu lösen."

Staatskanzleiminister Marcel Huber (CSU)

Hendricks hatte zuletzt im April angedroht, auch gegen den Willen der Länder Standorte festzulegen. Am Mittag legte sie ihre Pläne offen. Demnach sollen bis 2017 fünf Behälter mit mittelradioaktivem Atommüll im baden-württembergischen Philippsburg eingelagert werden. 21 Behälter mit hochradioaktivem Atommüll will die Bundesumweltministerin bis 2020 auf die Lager bei den Atomkraftwerken Isar (bis zu neun Castoren), Biblis in Hessen (bis zu sieben Castoren) und Brokdorf in Schleswig-Holstein (ebenfalls bis zu sieben Castoren) verteilen.

So entsteht radioaktiver Müll

Verteilung nach dem Verursacherprinzip

Laut Hendricks ist die Entscheidung, dass Bayern sieben bis neun Castor-Behälter aufnehmen muss nur eine logische Konsequenz. Schließlich habe Bayern auch den meisten Atommüll in den letzten Jahren produziert.

Mit den vier großen Energiekonzernen in Deutschland ist das Konzept abgestimmt. Sie wollen die Einzelheiten nun prüfen und im Gegenzug die Klagen gegen das Atomgesetz ruhen lassen. Darin wurde festgehalten, dass im Zwischenlager Gorleben keine weiteren Castoren mehr gelagert werden dürfen. Bayern hat wenig Chancen, das Vorhaben zu stoppen. Für die Genehmigung der Anträge sei allein das Bundesamt für Strahlenschutz zuständig, sagte Hendricks.

"Die CSU hat mit ihrer verantwortungslosen Atompolitik jahrzehntelang hochradioaktiven Müll produziert. Und die bayerischen Bürger bekommen nun dafür die Quittung, indem der Atommüll bei uns gelagert werden soll."

Markus Rinderspacher, SPD-Fraktionschef Im Landtag


91

Kommentieren

Randy Andy, Samstag, 27.Juni 2015, 10:25 Uhr

59. Einfach nur peinlich - als Bayer könnte ich mich dafür schämen

Lasst es mich einfach mal so sagen: Wer Müll produziert, trägt auch die Verantwortung dafür. Das gilt in ganz besonderem Mass für Atommüll. Daher finde ich die Reaktion Bayerns arrogant, blasiert und fast schon asozial. Ich gehe ja schliesslich auch nicht bei meinem Nachbarn aufs Klo. Dass "wir" Bayern uns nun als echte Bremser in Sachen Energiewende profilieren (Stromautobahnen möglichst um Bayern herum, bitte keine Windkraftwerke, keine Atommüllzwischenlager in Bayern) ist beschämend. Aber ich bin zum Glück kein echter Bayer sonder Oberfranke. Sonst müsste ich jetzt wohl schämen. :-)

Zwiesel, Mittwoch, 24.Juni 2015, 08:53 Uhr

58. Verkehrte Welt?

In der "Blütezeit" der Atomkraftwerke wurden alle übelst beschimpft, die vor den Gefahren der Atomkraftwerke und der unklaren Entsorgungsproblematik des Atommülls gewarnt haben. Das waren damals "Grüne" und andere vorausschauende und verantwortungsvolle Menschen. Ohne diesen Widerstand hätten wir heute auch in Bayern noch mehr Kernkraftwerke und Müll. Und wir hätten eine Wiederaufbereitungsanlage, wir hätten "Wackersdorf". Was wären da Castoren durch Bayern gekarrt worden. Und wie hat Strauß diese Menschen beschimpft. Hat sich aus der CSU bei diesen Menschen schon mal jemand entschuldigt und ihnen gedankt, dass es "Wackersdorf" nicht gibt? Die haben sich damals auch für Bayern eingesetzt. Heute übernehmen die gleichen kritischen Menschen Verantwortung für die "Müllentsorgung" und werden wieder beschimpft. Und die "Beschimpfer" sind auch wieder die Gleichen. Aber, der Müll ist ja da, wie vorherzusehen war und damit muss umgegangen werden.
Verkehrte Welt? Nein, Versagen der Politik.

  • Antwort von Achwas, Mittwoch, 24.Juni, 09:15 Uhr

    Eines ist nicht bewiesen: Dass der Ökostrom in der Lage ist, Industrien hier zu halten. Wenn Sie Stromleitungen in den Süden legen, muss erstens der Wind wehen und zweitens haben Sie einen gigantischen Verlust durch den Widerstand, der durch die Läge der Leitungen verursacht wird. Mit anderen Worten: Es ist zehnmal billiger Strom aus dem Ausland zu importieren oder Autos neben chinesischen Atomkraftwerken zu produzieren. Die Atomenergie ist halt die "bessere" Energieform. Die Umwelt interessiert halt nur hierzulande. Die Grünen können ruhig triumphieren, aber bitte nicht in NRW dort wird knallhart deindustrialisert!

QF, Dienstag, 23.Juni 2015, 20:37 Uhr

57. Jahrzehntelang

wurde in Bayern der "so saubere" Atomstrom propagiert. Und zwar von der Mehrheit der Bevölkerung.
Es ging sogar soweit, dass jeder der wagte vor den Folgen zu warnen, als Quertreiber und ewig Gestriger verunglimpft wurde.
All dies hat das Wahlvolk anscheinend genauso schnell vergessen und verdraengt, wie das üblicherweise die Regierungspartei mit den Wahlversprechen macht. In diesem Sinne hat das Bayernvolk ja doch die richtige Regierung. Wie der Herr, so das Gescher.

  • Antwort von Alois Hingerl, Dienstag, 23.Juni, 21:56 Uhr

    Kleiner Blick in die Geschichte:
    1. In den 50-er bis 70-er Jahren waren Atomkraftwerke modern und die Energiequelle der Zukunft.
    2. Bis in die Ende 70-er waren ALLE Parteien für Atomkraftwerke (außer den Grünen, die da erst gegründet wurden), die in Regierungsverantwortung waren.
    3. Obwohl wissend, das das die dreckigste Art der Energieerzeugung ist, werden weltweit (auch in Griechenland soll eins gebaut werden, von Japanern aus Fukushima ;-)) ) immer noch Atomkraftwerke gebaut. (Das soll natürlich nicht vom Thema ablenken.)
    4. In dieser Zeit wollte ALLE Bundesländer Atomkraftwerke!

  • Antwort von Spötter, Mittwoch, 24.Juni, 09:16 Uhr

    Die Zuwanderung gilt für die Grünen auch als "modern". Vielleicht gilt sie in 20 Jahren nicht mehr als "modern",

alberto, Dienstag, 23.Juni 2015, 20:26 Uhr

56. Wohin mit dem Erbe?

Hallo Mitbürger,
warum regt Ihr den euch so auf?
Fakt ist doch das wir den Dreck für die nächsten 100 000 Jahre im Portfolio haben und dem müssen wir uns stellen.
Wer diese Dinge eigefädelt hat ist bekannt, das Wahlvolk hat es abgesegnet!
Was die hiesigen bayerischen "mir san mir" Polittypen am Vorgehen der Bundes Umweltministerin stört ist erstens, das sie nicht gefragt wurden und zweitens das der Vorschlag von einen SPD Ministerin kam.
Das ist alles, also auf die nächsten 100 000 Jahre!
albert0

  • Antwort von Ringo, Mittwoch, 24.Juni, 09:18 Uhr

    Wawawa. Und wer ist schuld daran, dass die Regenwälder abgeholzt werden? Die Ökofundis, weil die wollen ja mit Ökobenzin fahren.

S.Dinz, Dienstag, 23.Juni 2015, 20:13 Uhr

55. Liebe Bayern

Es ist schon interessant.Ihr seid die größten.Die schlausten.Die reichsten.Die ordentlichsten. Ach ja, die besten Schüler habt ihr ja auch. In Wirklichkeit seid ihr aber kleinlich und peinlich.Denn alle vermeintlichen Verdienste derer ihr euch rühmt, sind leider schon vor langer Zeit in die Wege geleitet worden. Auf jedenfall nicht von den hier auftretenden Kommentatoren.Und zu der Zeit habt ihr, damit sind nun auch nicht die Kommentatoren gemeint, die Hände aufgehalten. Aber das ist natürlich was gaaaanz anderes. Ach ja,ihr wollt den Atomstrom,gerne. Dann behaltet aber bitte auch Euren Anteil vom Dreck.
Liebe Grüße in den Süden, von einem faulen Norddeutschen der euch eigentlich mag, dem es manchmal aber Seeherrschaft schwer gemacht wird ??

  • Antwort von Bayer, Mittwoch, 24.Juni, 09:20 Uhr

    Sie haben nicht verstanden, dass man dem Staat dadurch dient, dass man für finanzielle Ordnung steht! Das tut Bayern auch heute. Warum soll es etwas bezahlen, wenn es von allen gleichmäßig getragen werden müsste. Schließlich waren früher alle Bundesländer für die Atomenergie. Jetzt so zu tun, als sei Bayern allein für Kernkraftwerke gewesen, ist siebenschlau!

  • Antwort von QF, Mittwoch, 24.Juni, 09:36 Uhr

    Sie haben ja so recht.
    Als gebürtiger Bayerwaldler darf ich das sagen.
    Vor lauter Fremdschämen trau ich mich schon fast keine Nachrichten mehr zu lesen.
    Es ist einfach nur noch peinlich, was die bayerische Regierung veranstaltet. Und viele Kommentare hier sind es auch.
    Und hey: das Problem ist nicht Seehofer oder Söder.
    Das Problem sind die Leute, die Seehofer und Söder wählen!

    Ich werde jetzt losgehen und meinen Nachbarn fragen, ob ich für 5 Euro meinen Müll in seinen Garten schmeissen darf. Wenn er sich beschwert, ist mir das wurscht. Schliesslich hab ich ihm ja 5 Euro gegeben.

  • Antwort von QF, Mittwoch, 24.Juni, 10:21 Uhr

    @Bayer:
    warum tun sie eigentlich so, als müsste Bayern den Atommüll der ganzen Republik aufnehmen? Das ist doch nicht richtig, Bayern bekommt (s)einen Teil, der Rest wird in andere Bundesländer verteilt.
    Und ja, Bayern war immerhin über Jahrzehnte der grösste Verbraucher von Atomstrom.
    Ausserdem können die Deutschen noch froh sein, dass sie nicht noch auch z.B. französischen Müll nehmen müssen, den u.a. von dort wurde Atomstrom importiert.