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Der Run auf die Slots Bieterkampf um Air Berlin

Das Rennen um den Kauf der insolventen Air Berlin geht in die heiße Phase: Gleich mehrere Bieter wollen sich Teile der Pleite-Airline sichern. Vor allem die Landerechte sind dabei heiß begehrt. Trotzdem bleibt die Zukunft für Kunden und Mitarbeiter ungewiss.

Von: Antonia Böhm und Emil Nefzger

Stand: 21.09.2017 | Archiv

Bieterkampf um Air Berlin | Bild: BR

Die Bieter stehen Schlange – und das, obwohl Air Berlin kein einziges Flugzeug besitzt: Ihre ganze Flotte ist geleast. Den Bietern geht es um etwas ganz anderes: Die Start- und Landerechte der Air Berlin. Diese sogenannten Slots sind heiß begehrt, denn an den großen Flughäfen sind fast alle Slots vergeben. Air Berlin beziffert ihren Wert auf 80,3 Millionen Euro. Deshalb ist auch die Lufthansa mit von der Partie und hat sich bereits früh mit der Bundesregierung abgestimmt. Sie hat es auf rund 70 Mittelstreckenflugzeuge samt Besatzung abgesehen. Ihr Ziel ist klar: Billigfliegern wie Ryanair keine Marktanteile überlassen.

Auch Wöhrl und Lauda mit Geboten

Doch auch der Nürnberger Unternehmer Hans Rudolf Wöhrl hat ein Gebot abgegeben. Er will Air Berlin als Ganzes übernehmen und bietet dafür bis zu 500 Millionen Euro. Ex-Rennfahrer Niki Lauda bietet gemeinsam mit dem Reisekonzern Thomas Cook. Ihm geht es dabei vor allem um den Urlaubsflieger Niki, den er selbst aufgebaut hat. Ein weiterer Favorit für die Übernahme ist Easyjet. Der britische Billigflieger interessiert sich vor allem für Routen ab Düsseldorf und Berlin-Tegel und würde damit der Lufthansa Konkurrenz machen.

Monopolstellung der Lufthansa befürchtet

Bekäme die Lufthansa den Zuschlag, würde der Wettbewerb auf vielen Strecken drastisch sinken.

"Die Lufthansa hätte natürlich ein Quasi-Monopol gerade auf innerdeutschen Strecken und man kann sich vorstellen, dass das dann auf vielen Strecken steigende Preise bedeutet, gerade auf solchen, wo heute noch Lufthansa gegen Air Berlin antritt."

Stephan Lina, BR-Luftfahrtexperte

Auf den Strecken München – Münster und Frankfurt – Hamburg ist dies bereits geschehen: Nach dem Ausstieg von Air Berlin erhöhte die Lufthansa die Preise deutlich – um durchschnittlich 40 bis 60 Prozent.

Wöhrl will Air Berlin sanieren

Der Nürnberger Unternehmer Hans Rudolf Wöhrl will Air Berlin erhalten und sanieren. Der Pilot und frühere Besitzer von Fluggesellschaften hat ein detailliertes Konzept ausgearbeitet. Nach einer erfolgreichen Sanierung will er bis zu 500 Millionen Euro für die Gläubiger und 100 Millionen Euro für die Mitarbeiter erlösen. Dabei sieht er viele Möglichkeiten, um zu sparen.

Unternehmer Hans Rudolf Wöhrl

"Man kann viele Verträge neu verhandeln, zum Beispiel Leasingverträge für Flugzeuge, die allesamt zu teuer sind. Hier kann man pro Flugzeug zigtausende im Monat sparen. Und wenn natürlich ein Großteil der Zinslast und der Tilgungslasten wegfällt, sind das allein schon rund 500 Millionen im Jahr, die man sparen kann, ohne dass man die Airline kaputtmacht."

Hans Rudolf Wöhrl, Nürnberger Unternehmer

Abgekartetes Spiel befürchtet

Die Air-Berlin Mitarbeiter machen sich sorgen um ihre Zukunft

Manche befürchten, der Bieterwettstreit sei am Ende ein abgekartetes Spiel zwischen dem Giganten Lufthansa und der Bundesregierung, darunter Ryanair-Chef Michael O’Leary und auch Hans Rudolf Wöhrl. Laut Medienberichten kam es auch immer wieder zu Telefonaten zwischen der Bundesregierung, Air Berlin und der Lufthansa. Die Entscheidung über Air Berlin fällt am Ende jedoch nicht die Bundesregierung:

"Es entscheidet ja nicht die Bundesregierung, es entscheiden die Gläubiger von Air Berlin, es entscheiden die Aktionäre von Air Berlin. Und das Bundeskartellamt und möglicherweise auch die EU-Kommission haben am Ende noch ein gewichtiges Wort mitzusprechen. Und dann wird man sehen, ob es im Nachhinein wirklich sowas wie ein abgekartetes Spiel gegeben hat, im Moment deutet eigentlich wenig darauf hin."

Stephan Lina, BR-Luftfahrtexperte

Schwierige Situation für Kunden

Für Flugreisende, die bei Air Berlin gebucht haben, bleibt die Situation weiter schwierig. Trotzdem raten Verbraucherschützer davon ab, gebuchte Flüge zu stornieren. Denn in diesem Fall haben Kunden nur Anspruch auf Steuern und Gebühren sowie einen Teil des Ticketpreises. Rückzahlungen gehören außerdem zur Insolvenzmasse, es könnte also lange dauern, bis Kunden ihr Geld zurückbekommen – wenn ihre Forderung überhaupt berücksichtigt wird. Bei Flugausfällen haben Kunden die normalen Fluggastrechte innerhalb der EU – ob sie ihr Geld oder eine Entschädigung erhalten, ist jedoch ungewiss. Anders bei Pauschalreisenden: Bei ihnen muss der Reiseveranstalter für Ersatz sorgen, sollte der Flug ausfallen.

Tipps der Verbraucherzentralen

Die Europäische Verbraucherzentrale rät, kein Gepäck bei Flügen mit Air Berlin aufzugeben. Denn sollte der Koffer verloren gehen, bleiben die Kunden wahrscheinlich auf den Kosten sitzen. Wenn der Flug annulliert wird, sollten Kunden auf einer Umbuchung durch die Airline bestehen. Das gilt auch für eventuell erforderliche Hotelübernachtungen. Verspätet sich ein Flug, sollten Kunden nach Gutscheinen für Mahlzeiten, Getränke und Hotelübernachtungen fragen und das Geld auf keinen Fall selbst vorstrecken.


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