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Flüchtlinge aus Afghanistan Harsche Kritik an Abschiebung

Bislang lehnt die Bundesregierung wenig Asylanträge von Menschen aus Afganistan ab. Das soll nun anders werden, geht es nach Bundesinnenminister de Maziere. Politiker von Grünen und Linken haben das dem BR gegenüber scharf kritisiert.

Von: Janina Lückoff

Stand: 28.10.2015 | Archiv

Symbolbild Abschiebung: Ein Stacheldraht von unten fotografiert, darüber fliegt eine Flugzeug | Bild: picture-alliance/dpa

Rund 4.500 Asylanträge von Afghanen hat das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BMF) im September bearbeitet. 500 davon wurden abgelehnt. Diese Zahl soll künftig viel höher sein; so will es Innenminister de Maizière. Er bezeichnet es als "inakzeptabel", dass Afghanistan mittlerweile das Land ist, aus denen sich nach Syrien die meisten Menschen nach Deutschland auf den Weg machen. Seine Argumentation: Auch in Afghanistan gebe es sichere Regionen. Und er fügt hinzu: 

Bundesinnenminister Thomas de Maizière

"Deutsche Soldaten und Polizisten tragen dazu bei, Afghanistan sicherer zu machen; es sind viele, viele Summen von Entwicklungshilfe nach Afghanistan geflossen, da kann man erwarten, dass die Afghanen in ihrem Land bleiben."

Thomas de Maizière, Bundesinnenminister (CDU)

Afghanistan: Ein Land in dem es Verfolgung gibt - sagt Volker Beck

Volker Beck, innenpolitischer Sprecher der Grünen

Volker Beck von den Grünen sieht die Sache ganz anders als de Maizière. Er habe große Skrupel, aus menschenrechtlicher Sicht Flüchtlinge nach Afghanistan zurückzuschicken, sagte Beck dem Bayerischen Rundfunk. "Mir macht es Sorge, dass womöglich beim Bundesamt für Migration und Flucht durch die Töne des Ministers nicht hinreichend auf dem Schirm ist, wie die Situation in Afghanistan auch gerade nach den Kämpfen um Kundus herum tatsächlich ist." Beck erzählt von einer Gruppe junger Afghanen, die ihm berichtet habe, sie sei vor Rekrutierungsmaßnahmen der Taliban geflohen. Und er fragt:

"Wollen wir solche Leute tatsächlich zurückschicken, damit sie dann für die Taliban gegen das kämpfen, was wir aufgebaut haben in Afghanistan?"

Volker Beck, innenpolitischer Sprecher der Grünen

Das seien die Fragen, die man sich stellen müsse, so Beck. Zwar würden solche Umstände bei der Prüfung des Asylantrags berücksichtigt. Allerdings zeige die Praxis immer wieder, dass in den förmlichen Verfahren nicht jedes Verfolgungsschicksal richtig gewürdigt und deshalb abgeschoben werde. Beck betont: "Natürlich ist Afghanistan ein Land, in dem es Verfolgung und Bürgerkriege gibt.“ Daran habe auch der Einsatz der Nato in Afghanistan nichts geändert - und das müsse der Westen endlich anerkennen.

Afghanistan ist nur punktuell sicher - sagt Alexander Neu

Der Verteidigungsexperte der Linken, Alexander Neu, stimmt Volker Beck zu:

"Die Bundesregierung mag sich nicht eingestehen, dass der Krieg in Afghanistan verloren ist. Die  Taliban werden früher oder später definitiv die Macht übernehmen."

Alexander Neu, Verteidigungsexperte der Linken

Das Argument de Maizières, es gebe auch in Afghanistan sichere Regionen, in die die Menschen fliehen können, will er nicht gelten lassen: "Es mag sein, dass es punktuell sichere Regionen gibt, aber das kann sich immer wieder ändern, von Tag zu Tag. Was heute sicher ist, kann morgen unsicher sein." Die Menschen in Afghanistan müssten um ihr Leben bangen, deshalb sei es unverantwortlich, sie dorthin zurückschicken zu wollen, so Neu.

De Maizière will abschrecken - glaubt Pro Asyl

Die Menschenrechtsorganisation "Pro Asyl" sieht in der Ankündigung de Maizières ein Abschreckungsszenario, damit sich nicht noch mehr Afghanen auf den Weg nach Deutschland machen. Bislang hätten die Bundesländer Flüchtlinge vom Hindukusch nur sehr zurückhaltend abgeschoben. Meist habe es sich um Straftäter gehandelt. Nun aber könnten 7.000 Schutzsuchende aus Afghanistan betroffen sein. Das, so Pro Asyl, sei angesichts der instabilen Situation in dem Land "Weltfremdheit mit Vorsatz".


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