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Von der Wehrkunde zur Sicherheitspolitik "Excuse me, I'm not convinced"

Seit 1963 kommen Minister, Militärs, Parlamentarier und andere Sicherheitsexperten einmal jährlich in München zusammen und reden über Fragen der Außenpolitik und Sicherheit. Oft ohne Protokoll und hinter den Kulissen.

Stand: 03.02.2015 | Archiv

Erste Wehrkundetagung: Ewald-Heinrich von Kleist und Franz Josef Strauß | Bild: SZ-Foto

Die jährliche Sicherheitskonferenz in München ist ein fester Termin für Politiker, Militärs und Verteidigungsexperten. 1963 wurde sie vom Verleger Ewald von Kleist gegründet, damals noch als "Wehrkundetagung". Im Lauf der Jahre hat sich die Konferenz zum führenden Forum für Verteidigungs- und Außenpolitik entwickelt. Gegner wie Attac lehnen die Veranstaltung indes seit jeher als "Kriegskonferenz" ab.

Von Kleist, ehemaliger NS-Widerstandskämpfer des 20. Juli, hatte die Tagung als Ort für Diskussionen über die Entwicklung der transatlantischen Beziehungen ins Leben gerufen. Im Lauf der Jahre entwickelten sich die Zusammenkünfte zum Forum der globalen Sicherheitspolitik. Mit dem Ende des Kalten Kriegs wurde aus der Wehrkundetagung die "Internationale Konferenz für Sicherheitspolitik". 

Chronologie: Fünf Jahrzehnte Sicherheitskonferenz

Politiker reden ohne Protokoll

1999 übernahm der ehemalige einflussreiche außen- und sicherheitspolitische Berater von Helmut Kohl, Horst Teltschik, die Leitung der Konferenz. Der studierte Politologe und Historiker betonte stets den inoffiziellen Charakter der Tagung: Die Möglichkeit, ohne Protokoll zu reden, sei für Politiker besonders wichtig. Was das Weltwirtschaftsforum in Davos für Spitzenvertreter der internationalen Wirtschaft, sei die Sicherheitskonferenz für Repräsentanten der strategischen Gemeinschaft. Seit 2009 leitet der Ex-Staatssekretär und Diplomat Wolfgang Ischinger die Konferenz.

Ewald-von-Kleist-Preis

Seit 2009 wird auf der Sicherheitskonferenz in Erinnerung an den Tagungsgründer der Ewald-von-Kleist-Preis verliehen. Die erste Auszeichnung ging an den früheren US-Außenminister Henry Kissinger für dessen Lebenswerk. 2010 wurde der Spanier Javier Solana, ehemals NATO-Generalsekretär und langjähriger außenpolitischer EU-Repräsentant, geehrt. 2011 wurde der Preis nicht vergeben, 2012 war der damalige US-Senator und langjährige Leiter der US-Delegation auf der Sicherheitskonferenz, Joseph Lieberman, an der Reihe.

Kontaktplattform in schwierigen Zeiten

1999 nahmen erstmals Vertreter der Staaten Mittel- und Osteuropas und der Wirtschaft teil. Auch die Volksrepublik China, Japan und Indien sind nunmehr regelmäßig anwesend.

Wiederholt bot die Konferenz auch Vertretern verfeindeter Staaten Gelegenheit zum informellen Austausch. Indische und pakistanische Vertreter verhandelten 2002 inoffiziell über den Kaschmir-Konflikt.

Spannungen zwischen Bündnispartnern

Aber auch Bündnispartnern dient die Konferenz als Kontaktplattform in diplomatisch angespannten Zeiten. Immer wieder kam es in den vergangenen Jahren teilweise zu denkwürdigen Auftritten höchstrangiger Politiker.

Beispielsweise sorgte 2002 der damalige Bundesaußenminister Joschka Fischer fast für einen Eklat, als er dem damaligen US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld entgegenhielt: "Ich bin nicht überzeugt." Hintergrund war der damals noch drohende Irak-Krieg, den die USA mit angeblichen Massenvernichtungswaffen des Iraks legitimierten. Ein Jahr später brachte ein Vier-Augen-Gespräch zwischen den damaligen Verteidigungsministern Peter Struck und Donald Rumsfeld etwas Entspannung im deutsch-amerikanischen Verhältnis. 2007 erregte der russische Präsident Wladimir Putin großes Aufsehen, als er den Westen so heftig attackierte, dass schon von einer Rückkehr zum "Kalten Krieg" die Rede war.

2012 stand unter anderem der Krieg in Syrien im Mittelpunkt der Konferenz. Unter großem Beifall kritisierte dabei die jemenitische Friedensnobelpreisträgerin Tawakkul Karman das Nein Moskaus und Pekings zur Verurteilung des Assad-Regimes.


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