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189. Verhandlungstag, 04.03.2015 Fröhlich, aber nicht besonders intelligent

Ein ehemaliger Rechstextremist, der das spätere NSU-Trio vor seinem Abtauchen in Jena erlebte, hat als Zeuge vor Gericht überraschende Einblicke gewährt. Einen der Mitangeklagten entlastete er, einen anderen belastete er.

Von: Ina Krauß

Stand: 04.03.2015 | Archiv

Beate Zschäpe im NSU-Prozess | Bild: picture-alliance/dpa

Die für heute geplante Aussage des Chefs des sächsischen Verfassungsschutzes, Gordian Meyer-Plath wurde zum zweiten Mal verschoben. Dafür lieferte der ehemalige Neonazi Christian K. interessante Einblicke in die Jenaer Neonazi-Szene Mitte der neunziger Jahre.

Mundlos war der ideologische Kopf der Kameradschaft

Der heute 34-jährige Mitarbeiter in einer Software-Firma war 16, als er Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe über seinen Bruder kennen lernte. Die drei gehörten wie K.s Bruder, André K., und der ebenfalls in München angeklagte Ralf Wohlleben zum harten Kern der Kameradschaft Jena.

Uwe Mundlos beschrieb er als intelligent und als ideologischen Kopf der Kameradschaft. Uwe Böhnhardt als "Black Box"; verschlossen und unberechenbar. Er sei aufbrausend und gewalttätig gewesen "wenn jemand was falsches gesagt hatte". Ihm selbst flößte das damals Respekt ein, sagte Christian K.

Zeuge beschreibt Zschäpe als "bauernschlau"

Beate Zschäpe nahm er als fröhlich, aber nicht besonders intelligent wahr. Sie habe eine Art "Bauernschläue" besessen. Sie sei mit Uwe Böhnhardt liiert gewesen und früher mit Uwe Mundlos. Mundlos und Böhnhardt hätten sich nach 1996 optisch radikalisiert, trugen braune Uniformen in SA-Manier.

Den ebenfalls angeklagten Ralf Wohlleben rechnete er ebenfalls dem harten Kern der Kameradschaft zu, nach dem Untertauchen von Mundlos, Böhnhardt und Zschäpe hätten Wohlleben und André K. die Führung in der Kameradschaft übernommen.

Latent antisemitisch, latent ausländerfeindlich

Wohlleben habe sich besonders um den Nachwuchs gekümmert. Das Weltbild der Jenaer Kameradschaft beschrieb er als latent antisemitisch, latent ausländerfeindlich und nationalsozialistisch geprägt. Heute distanziert sich Christian K. von seiner damaligen Gesinnung.

Christian K. schilderte auch eine mysteriöse Begegnung im Januar 2000. Zwei Jahre nach dem Untertauchen des Trios wurde er bei einer Schulungsveranstaltung auf Vermittlung einer führenden Rechtsextremistin aus Süddeutschland, Edda S., von einem unbekannten Mann auf das Trio angesprochen.

Play-Station im Plattenbau

Die drei lebten in Chemnitz in einem Plattenbau. Christian K. fragte nach, was sie dort die ganze Zeit machten. Die Antwort: Mit der Play-Station spielen. Weil er vermutete, dass der Mann ein Spitzel des Verfassungsschutzes war, stellte er keine weiteren Fragen. Es sei in der Szene damals unüblich gewesen, über die untergetauchten Kameraden zu sprechen.

Später habe er sich gefragt, ob er nicht hätte etwas verhindern können, wäre er damals mit dieser Information zur Polizei gegangen. Der erste von zehn Morden, die dem NSU-Trio zugerechnet wird, geschah im September 2000.


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