Franken - Buchtipps


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Sommerbuchtipps Schmöker für den Urlaub

Paul will Günther Jauch entführen. Gabi findet kreative Wege, um nicht mit Mann Horst auf Wohnmobil-Tour zu gehen. Und Jüdin Jaele tritt ihren Dienst beim Bischof in Männerkleidern an. Drei ungewöhnliche Romane fürs Urlaubsgepäck.

Von: Julia Hofmann & Dirk Kruse

Stand: 29.07.2014

Christian Ritter: Die sanfte Entführung des Potsdamer Strumpfträgers

Paul, Mitte dreißig, lebt ein ereignisarmes Leben als Leiter eines Dorfsupermarkts. Seine einzige Leidenschaft ist "Wer wird Millionär" im Fernsehen ansehen. Keine einzige Folge der Quizshow hat Paul je verpasst. Als er endlich einmal selbst Kandidat sein darf, scheitert er kläglich und beschließt zusammen mit seinen WG-Kumpels Günther Jauch zu entführen. Dabei gerät er in immer aberwitzigere Situationen.

Das alles wird vom jungen Bamberger Poetry Slammer in einem launig melancholischem, nicht zu überdrehtem Ton erzählt. Fast so als würde "Der Fänger im Roggen" auf "Fleisch ist mein Gemüse" treffen. Und Franken kommt auch vor: Außer den Prominenten tragen alle im Roman vorkommende Personen Namen fränkischer Dörfer. Ideale Sommerlektüre mit hohem Humorfaktor.

Info & Bewertung

Wertung: 4 Frankenrechen von 5 | Bild: BR

Christian Ritter
Die sanfte Entführung des Potsdamer Strumpfträgers

Roman, München 2013, Heyne Verlag, 285 Seiten, 8,99 Euro, ISBN 978-3-453-41063-3

Roman Rausch: Die letzte Jüdin von Würzburg

Die junge Jaelle tritt 1349 in Männerkleidern ihren Dienst an, im Würzburger Scriptorium des berühmten Michael de Leone, dem Literat und Berater des Bischofs. Das zwingt die junge Jüdin zu einem Spionage-Doppelleben zwischen der jüdischen Gemeinde und den christlichen Herrschern der Stadt. Durch diese vom Autor erfundene Figur erlebt der Leser hautnah, wie es zu der beschämenden Katastrophe in der Würzburger Stadtgeschichte kommen konnte: zur Auslöschung der kompletten jüdischen Gemeinde durch aufgebrachte Würzburger Bürger.

Ein reales dunkles Kapitel in der Stadtgeschichte, das bis heute auch unter Historikern unterschiedlich interpretiert wird. Roman Rausch hat in seinem spannenden Roman viele Fakten und auch die neuesten historischen Forschungen mit eingebaut. 

Eine packende Entdeckungsreise in die Vergangenheit - nicht nur für Würzburg-Kenner!

Info & Bewertung

Wertung: 4 Frankenrechen von 5 | Bild: BR

Roman Rausch
Die letzte Jüdin von Würzburg


Rowohlt Taschenbuch Verlag, Reinbek bei Hamburg, 2014, 505 Seiten, 9,99 Euro, ISBN 978-3-499-26803 8

Ingeborg Seltmann: Mehr Zeit mit Horst

Gabi König hat ein Problem. In 190 Tagen, kurz vor ihrem sechzigsten Geburtstag, geht ihr Mann Horst in Ruhestand und möchte, dass auch sie ihren Job als Buchhändlerin kündigt, um gemeinsam zu reisen. Gabi, die Camping-Urlaube hasst und ihre Arbeit in der Klassikerabteilung liebt, traut sich nicht, ihm das zu gestehen. Und Horst redet natürlich sowieso nicht über Gefühle.

Der Frauenroman, der durchaus auch für Männer interessant ist, weil sie hier eine Menge darüber erfahren können, wie ihre Frauen so ticken, ohne sich durch nächtelange Beziehungsproblemgespräche quälen zu müssen, eroberte auf Anhieb die Bestsellerlisten. Ganz erstaunlich für eine vermeintliche Debütautorin.

Doch so ganz aus dem Nichts kam Elisabeth Seltmann nicht. Die gebürtige Mittelfränkin ist Historikerin und hat dreißig Jahre lang für Schulbücher geschrieben, von der Steinzeit bis zur Gegenwart. Der unterhaltsame Frauenroman nimmt Alltägliches augenzwinkernd, aber nicht unintelligent aufs Korn und steht in der Tradition von Autorinnen wie Susanne Fröhlich, Ildikó von Kürthy, Gaby Hauptmann oder Dora Heldt.

Info & Bewertung

Wertung: 4 Frankenrechen von 5 | Bild: BR

Ingeborg Seltmann
Mehr Zeit mit Horst

Roman, Reinbek 2014, Rowohlt Verlag, 304 Seiten, 9,99 Euro, ISBN 978-3-499-23224-4


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