Franken - Buchtipps


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Spannende Thriller aus Franken Drei Buchtipps für Krimi-Fans

Passend zur düsteren Jahreszeit präsentieren unsere Literaturexperten drei Krimis aus Franken. Mit dabei die Thriller von Schriftsteller Leonhard F. Seidl, Volker Backert und Günther Huth.

Von: Marion Christgau und Julia Hofmann

Stand: 14.02.2018

Buchtipp: Franken-Krimis - Mit dabei die Thriller von Schriftsteller Leonhard F. Seidl, Volker Backert und Günther Huth. | Bild: BR Studio Franken / Tina Wenzel

"Rhein-Main Bestie" von Volker Backert

Der Ermittler in Volker Backerts Franken-Krimi, Charly Hermann, zieht gern sein eigenes Ding durch. Einordnen lässt er sich schon gar nicht. Ein bisschen Schimanski, aber auch fürsorglicher Jung-Opa. Ein Typ zwischen Sex, Crime and  Rock'n' Roll. "Auch sowas ist in Franken darstellbar", sagt der Coburger Autor Volker Backert über seinen Ermittler, der in "Rhein-Main-Bestie" seinen vierten Fall löst und den er für die fränkische Färbung im Buch auch an Schauplätze in der Region schickt.

"Sein Blick weitet sich, schweift jetzt bewusst über die Wiesen und Felder des Obermaintals zwischen Vierzehnheiligen und Kloster Banz. Brutal durchschnitten von der A73, über die er vor wenigen Minuten wie in Trance aus Coburg heraus bis Lichtenfels gerast ist. Vollgas, ganz links, mit voller Dröhnung; der Boss höchstpersönlich, Bruce Springsteen und sein apokalyptisches Gitarrengewitter 'Radio Nowhere'. Vierzehn Minuten bis Lichtenfels-West. Raus, am Siedler-Sportplatz geparkt."

Ausschnitt aus 'Rhein-Main-Bestie'

Ein gefährlicher Triebtäter ist aus der Sicherungsverwahrung ausgebrochen und schwört Rache an Kommissar Hermann, der ihn seinerzeit hinter Gitter gebracht hatte. Eine fieberhafte Suche beginnt, ausgerechnet in Wahlkampfzeiten. Denn die Bundestagswahl steht an. Wie die Katastrophe und die fieberhafte Suche medienwirksam ausgeschlachtet, politisch ausgenutzt und von Experten für eigene Belange interpretiert werden, darum hat Backert seine Geschichte gestrickt.

Schmuddel-Wahlkampf, Rechtspopulisten, Medienhysterie – und mittendrin der coole, raubeinige Kommissar, an dessen Privat- und Seelenleben man nur zu gern Anteil nimmt. Auch weil Backert, übrigens laut Verlag Deutschlands einziger krimischreibender Standesbeamter, über den Kommissar seine persönliche Musikleidenschaft von Abba bis Hardrock mit einfließen lässt – eine Art literarische Jukebox.  

Ansonsten sollen seine Geschichten nach eigenen Worten "härter, schwärzer, schneller" sein. Das ist ihm auch mit diesem Regionalkrimi um die "Rhein-Main-Bestie" wieder gelungen. Und "aktueller" könnte man auf jeden Fall noch hinzufügen. Denn erschreckend aktuell ist das, was Volker Backert in seinem Krimi beschreibt. An manchen Stellen hat die Wirklichkeit seine fiktive Geschichte sogar schon eingeholt.

Info & Bewertung

Wertung: 4 Frankenrechen von 5 | Bild: BR

Volker Backert
"Rhein-Main-Bestie"

Emons Verlag, 2017
208 Seiten, ISBN 978-3-7408-0161-8,
10,90 Euro   

"Fronten" von Leonhard F. Seidl

Die Wirklichkeit, die die Fiktion einholt: Das ist definitiv auch im Kriminalroman "Fronten" des Fürther Autors Leonhard F. Seidl so. Eine beklemmende Geschichte, die eigentlich im Oberbayrischen spielt, aber durch den Reichsbürger-Fall in Georgensgmünd einen fränkischen Bezug bekommen hat. "Gruselig", sagt Seidl selbst, auch weil noch anderes im Buch erdachtes Abgründige Wirklichkeit geworden ist.

"Es war dann auch so, dass in München das rechtsextreme Attentat im Olympia Einkaufszentrum stattgefunden hat, am Jahrestag des Attentats von Anders Breivik. Und der Markus Keilhofer im Buch ähnelt Breivik stark, er ist auch so angelegt. Auf der anderen Seite, trotz aller Grausamkeit, die dem innewohnt, bestätigt es mich in meinem Schreiben und in meinen kritischen Blick auf die Realität."

Autor Leonhard F. Seidl

Keine leichte Krimikost. Drei Erzählperspektiven, Zeitsprünge in Vergangenheit und Gegenwart, Fiktion und Wirklichkeit vermischt, die Story selbst fragmentiert. Es ist die Geschichte dreier Menschen. Die Wege einer einigermaßen integrierten, kurdischen Ärztin, eines geflüchteten bosnischen Waffensammlers und eines eigenbrötlerischen, ausgegrenzten Einheimischen kreuzen sich im Roman. Anfangs verwirrend hat Seidl seinem Stoff einen realen Fall zugrunde gelegt. Die Ereignisse im oberbayerischen Dorfen, wo vor 30 Jahren ein Jugoslawe in einer Polizeistation mehrere Polizisten erschossen hat.

"Die Ereignisse in Dorfen haben leider absolut gepasst, weil sie eine Mechanismus aufzeigen, der heute regelmäßig anzutreffen ist. Es geschieht eine Straftat durch einen Menschen, einen Geflüchteten. Darauf reagiert die Öffentlichkeit, es wird politisch benutzt. Es geschieht häufig aufgrund der Schnelllebigkeit keine Differenzierung. Es ist ein emotional besetztes Thema, darauf wird reagiert und im Fall von Fronten wird das unmittelbar gerächt."

Autor Leonhard F. Seidl

Rechte Hetze, Ausgrenzung, Trauma, Gruppendynamik. Das sind die Attribute, die Seidl seinen Figuren im Roman  zuschreibt – ohne die Protagonisten zu bewerten. Das bleibt dem Leser überlassen, der dem mit 160 Seiten eigentlich schmalen Buch viel Zeit widmen sollte. Denn "Fronten" ist ein engagierter, aufwendig recherchierter, politischer Kriminalroman.

Info & Bewertung

Wertung: 4 Frankenrechen von 5 | Bild: BR

Leonhard F. Seidl
"Fronten"

Edition Nautilus, 2017
160 Seiten,  ISBN 978-3-96054-051-9
16,00 Euro                  

"Spessartblues: Zerbrochene Seelen": Günther Huth

Dieser Krimi spielt in Unterfranken: Sonderermittler Simon Kerner ist Jurist und passionierter Jäger – so wie der Autor Günther Huth übrigens auch – und unterstützt in "Spessartblues"  wieder die Würzburger Mordkommission: Als geheimer Sonderermittler schleust er sich über das sogenannte Darknet in die Pädophilen-Szene ein. Die Überreste einer Mädchenleiche in einer abgebrannten Jagdhütte führen die Ermittler zu einem Menschenhändlerring, der im Bereich Main-Spessart-Frankfurt sein Unwesen treibt. Dabei gerät Simon Kerner selbst jedoch immer mehr ins Visier eines unbekannten und brutalen Rächers, der mit der Pädophilen-Szene "aufräumen" will.

Günther Huth weiß, wie er die Spannung bis zum Schluss hält und seine Leser immer wieder überraschen kann. Bekannt wurde der Würzburger Autor mit seinen humorvollen "Schoppenfetzer"-Regionalkrimis. 2013 erschien dann sein erster Mainfrankenthriller. "Spessartblues" ist der fünfte Mainfranken-Thriller des Autors.

Info & Bewertung

Wertung: 3 Frankenrechen von 5 | Bild: BR

Günther Huth
"Spessartblues: Zerbrochene Seelen"

echter-Verlag,  2017
295 Seiten, ISBN: 978-3-429-04384-1
12,95 Euro


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