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Das Comeback der Schindel Holz auf der Hütte

Jahrhundertelang deckten die Menschen ihre Dächer mit Holzschindeln. Dann kamen Blech- und Ziegeldächer, weil sie günstiger waren – doch inzwischen erfährt der Baustoff wieder eine kleine Renaissance.

Stand: 01.03.2016 | Archiv

"Du wirst loacha, es gibt wieder Schindelmoacha"

So steht es auf dem Arbeits-T-Shirt von Sepp Pfeffer. Ein Freund hat es ihm geschenkt. Denn Sepp Pfeffer hat vor 15 Jahren begonnen, in Zwiesel ein altes Handwerk wieder neu zu beleben:

"Auf dem Arbeitsgerät, wo ich sitze, das ist die Haslbäng, im Unteren Bayerischen Wald sagen sie Huisegois oder Schnitzbank. Ziehbank, sagen die meisten Leute. Das Arbeitsgerät in der Hand das ist ein Roafmesser – Ziehmesser, oder auch Schnitzmesser und damit putze ich die Schindeln."

Sepp Pfeffer, Schindelmacher

Sepp Pfeffer ist in Niederbayern nicht der "Letze seiner Art", sondern eher der erste Wiederentdecker.

Bis vor hundert Jahren gab es im Bayerischen Wald kaum einen Hof, der nicht mit Holzschindeln gedeckt oder verkleidet war. Heute findet man die alten Schindeldächer in Niederbayern nur noch im Freilichtmuseum. Auch die alten Holzschindelfassaden sind fast verschwunden. Und mit ihnen das Wissen darüber, wie man Schindeln herstellt. Während es bis in die 1920er Jahre auf jedem zweiten Hof jemanden gab, der Schindeln machen konnte, musste sich Sepp Pfeffer das Wissen über das alte Handwerk mühsam zusammensuchen.

Die Struktur der Schindeln gibt vor, welche Seite nach außen und welche nach innen kommt.

Früher hat man im Bayerischen Wald die Schindeln ausschließlich mit einem dicken Schindelmesser "geschlagen" oder "gedrückt". Auch Pfeffer arbeitet noch mit diesem alten Werkzeug. Sägen darf man die Schindeln auf keinen Fall. Dabei würden die Holzfasern zerstört werden und die Schindel würde sich mit Wasser vollsaugen. Die Kunst ist es, mit der Struktur der Jahresringe zu arbeiten. Dann ergibt sich automatisch eine Wölbung.

"Wenn ich einen schönen Baum hab, das ist, als wäre es eine Sucht, da kann ich mich kaum trennen."

Sepp Pfeffer, Schindelmacher

Die Holzschindel wird nun von Architekten wiederentdeckt. Die Architektin Regina Schieneis hat schon mehrere Objekte mit Holzschindeln gebaut, für die die Handwerker bis aus Tirol kommen mussten. Mit Sepp Pfeffer hat Sie nun endlich einen bayerischen Schindelmacher gefunden, der nicht nur leidenschaftlich die alte Technik pflegt, sondern diese auch für moderne Bauformen weiterentwickelt.

"Schindel ist einfach ein natürliches Material, es ist ein altes Material und es ist wirklich noch Handwerk und lebendig. Es entwickelt bei jedem Projekt seine eigene Struktur, eine eigene Farbigkeit. Und das Schöne ist auch, dass es mit Ehre altert, es verändert sich. Man kann es eigentlich immer anschauen, es ist nie unmodern. Es ist zeitgemäß und es ist ein natürlicher Baustoff."

Regina Schieneis, Architektin

Fast wären die Schindeln aus dem Bayerischen Wald völlig verschwunden. Nun erfahren sie eine Renaissance, wenn auch noch etwas zögerlich...

"Bei uns dauert es ein bisschen länger im Bayerischen Wald bis das wieder kommt. Da ist das Alte ein bisschen verpönt. Naja die alte Zeit, der Waldler war arm und die Schindeln verbindet der Waldler mit dieser Zeit. Aber mit den jungen Leuten, die denken schon wieder anders und da kommt es vielleicht wieder."

Sepp Pfeffer, Schindelmacher

Tipp zum Thema:

Böhmerwalddorf (Bildarchiv Freilichtmuseum Finsterau)

Schöne alte Schindelhäuser gibt es noch: Im Freilichtmuseum Massing und Finsterau!


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