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Venedigermännle Legenden aus den Allgäuer Bergen

Um die bizarren Gipfelformen des Höfats ranken sich seit Jahrhunderten alte Legenden. Angeblich sollen dort Schätze zu finden sein – und der Sage nach wußten nur die sogenannten "Venedigermännle" um die Kunst, sie zu finden …

Stand: 06.12.2014 | Archiv

Es sind sagenumwobene Geschichten, die sich um den 2.259 Meter hohen Höfats mit seinen vier Gipfeln seit jeher ranken. Erstmals erschienen Überlieferungen im 14. und 15. Jahrhundert. Demnach sollen zwergenhafte Gestalten mit fremdländischem Aussehen und fremder Sprache angeblich mit Hilfe von Zauberspiegeln und allerlei Magie dem Allgäuer Untergrund so manche Kostbarkeit und gar Gold entrissen haben. Der chamäleonhaft farbige Christlessee im Trettachtal etwa soll ein Schauplatz ihre Auftretens sein. Der Allgäuer Rudi Lindner kennt die Geschichten:

"Von dem See erzählt man sich, dass früher einmal regelmäßig ein fremdes Männlein gekommen ist, hat sich in einem nahe gelegenen Haus eine Schaufel geliehen und hat dann aus dem See ein wenig Schlamm heraus geschaufelt. Den Schlamm hat es dann getrocknet, im Sacktuch verstaut und mitgenommen"

Rudi Lindner, Schaubergwerk Erzgruben e.V.

Der Christlessee im Trettachtal

Wenn das Männlein am Abend die Schaufel zurück gab, dann soll es jedes mal gesagt haben: So, nun hab´ ich wieder genug für ein Jahr zum Leben. Die Leute argwöhnten daher, es könne dem Seesand durch Zauberei gar pures Gold entlocken. Die Wahrheit hinter der Sage führt zu den berühmten Glasmanufakturen von Venedig und Murano und erklärt so auch den Namen jener Fremden.

"Fakt ist auf jeden Fall: die Venezianer, die Venediger, waren da. Sie suchten Zuschlagstoffe, die man in Venedig brauchte zur Herstellung von Glas. In erster Linie haben also die Venediger bei uns Kobalt mitgenommen, mit Kobalt färbt man Glas blau ein. Dazu haben sie Alaun mitgenommen, Alaun verbessert die Fließfähigkeit der Glasmasse. Und das dritte war Mangan, hieß früher Braunstein , mit diesem Mangan hat man den Grünstich der Glasmasse aufheben können"

Rudi Lindner, Schaubergwerk Erzgruben e.V.

Der Weiler Gerstruben unweit des Höfats

Ein weiterer Schauplatz führt in Richtung Höfats. Auch hier waren angeblich goldsuchende Venediger zu Gange. Ein armer Bauer soll hier dereinst einen jener Zauberspiegel gefunden haben, mit denen die Venediger verborgene Schätze erspähen konnten. Im Spiegelbild erschien ihm die Höfats plötzlich über und über mit Gold bedeckt. Laut der Sage betrügt ihn das Venedigermännle zunächst um den Finderlohn und erst eine Reise nach Venedig führt zum märchenhaften Happy End.

"Ein großer Teil der Venedigersagen beschäftigen sich mit einem Zauberspiegel. Wie wissen jetzt zwischenzeitlich, dass es mit einem Spiegel nicht so weit her ist, in einem Spiegel kann man sich bloß selber anschauen. Wie gehen davon aus: das war kein Spiegel sondern eine Lupe. Wenn die Venezianer da waren und haben mit einer Lupe Gestein geprüft, denn die konnten damals schon optische Gläser herstellen, dann konnte ein Einheimischer damit nichts anfangen. Er hat das gesehen, hat das beobachtet und hat sich gedacht: klein und glitzernd, das muss ein Spiegel sein, und so ist diese Geschichte mit den Spiegeln entstanden, die immer wieder Zauberspiegel, Bergspiegel oder gar Erdspiegel heißen, aber in Wirklichkeit waren es wahrscheinlich Lupen"

Rudi Lindner, Schaubergwerk Erzgruben e.V.

Heute ist der abenteuerliche Berg selbst der "Schatz", dem die hartgesottenen Bergsteiger sogar im Winter nachjagen. Und wer dem gewachsen ist, dessen Lohn ist ein Juwel, der alle sagenhafte Goldfunde weit in den Schatten stellt ...


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