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Italien Spurensuche am Sentiero della Pace

Hier am Passo Tonale begebe ich mit Bergführer Italo auf eine lange Reise: Der Friedensweg ist ein mehr als 530 Kilometer langer Weitwanderweg und führt mich bis zur Marmolata.

Von: Peter Schlickenrieder

Stand: 07.12.2014 | Archiv

Patronen und andere Gegenstände aus verrostetem Metall | Bild: BR

Von 1915 bis 1918 war das der Frontverlauf im sogenannten Alpenkrieg zwischen Österreich-Ungarn und Italien. Die Dolomiten waren über zweieinhalb Jahre lang Schauplatz heftigster Kämpfe mit Tausenden von Toten.

Das Markenzeichen der Adamello-Region sind mehrere Dreitausender-Gipfel und einem der größten zusammenhängenden Gletscher Italiens.

Bergführer Italo und Peter Schlickenrieder

Unser Ziel ist die Kanone 149 – eine der spektakulärsten Stellungen im Alpenkrieg im früheren Welsch-Tirol.

Der Sentiero della Pace ist einerseits bestens ausgeschildert, andererseits auch gut ausgebaut. Die leichten bis mittelschweren Klettersteige sind nicht nur für besonders geübte Bergsteiger geeignet.

Die Spuren der Kämpfe sind immer noch allgegenwärtig, sie sind so etwas wie die Wahrzeichen dieses Friedensweges. Dazu zählen auch die imposanten und mancherorts labyrinthartigen Tunnelsysteme. Spätestens hier ist es sinnvoll einen ortskundigen Bergführer bei sich zu haben. Die Gefahr sich zu verlaufen ist nämlich ziemlich groß.

Damals war das übrigens Österreich – heute befinde ich mich hier in Italien.

Auch zu Kriegszeiten wurden die Hochgebirgsstellungen der italienischen Front über wahrscheinlich noch wackligere Brücken wie diese hier versorgt, um die Berggipfel zu sichern. Nach dem Motto "Wer die Gipfel hat – hat die Macht."

Das Panorama ist atemberaubend am Adamello, dem größten zusammenhängenden Gletscher Italiens. Viel Zeit, um die Natur zu genießen, bleibt aber nicht, denn es liegen noch 700 beschwerliche Höhenmeter vor uns.

Genau hier war einst der Frontverlauf – die Österreicher verteidigten ihr damaliges Territorium gegen die immer wieder angreifenden Italiener, die völlig ohne Deckung im Maschinengewehrfeuer zu Hunderten ihr Leben ließen.

An der Kanone 149

Italo und ich gehen weiter bis zur Kanone 149 auf 3300 Metern. Bei dieser Kanone handelt es sich um ein monströses, altmodisches, wieder reaktiviertes Vorkriegsmodel mit einem Kaliber von 149 Millimetern.

Der Krieg wurde in extremen Höhen geführt, das Material mit Maultieren, Soldaten oder Gefangenen nach oben gebracht. Schwere Winter mit großer Kälte und Schneelawinen forderten sehr viele Opfer.

Italo begleitet mich noch ein Stück über den Gletscher, dann mache ich mich alleine auf den Weiterweg in Richtung Marmolata.

Der Friedensweg wurde zwischen 1986 und 1990 realisiert; alleine 350 Kilometer Frontlinie verlief durch das Trentino.

Der Sentiero della Pace endet am Fuße der Marmolata-Südseite, aber der Frontverlauf geht natürlich noch sehr viel weiter. Für mich ist dennoch der höchste Gipfel der Dolomiten der Schlusspunkt.

Luigi ist der Spezialist für Führungen auf diesen historischen Pfaden. Unser Ziel ist die Punta Penia mit dem höchsten Punkt auf 3343 Metern Höhe.

Das ist sie also – die Marmolata, die Königin der Dolomiten. Auf der Marmolata entstand eine "Stadt im Eis", ein Komplex aus Gängen und Höhlen, die tief in das Gletschereis gebaut wurden.

Bis zu 12 Kilometer lang waren die Tunnel mit Küchen und Schlafräumen. So konnten die Soldaten der österreichisch-ungarischen Armee vor Schnee und Kälte geschützt werden, aber vor allem vor feindlichem Beschuss bei der Nachschubversorgung.

Wie schnell das Wetter in den Bergen wechseln kann erleben wir am eigenen Leib. Innerhalb weniger Minuten zieht es völlig zu. Es wird frostig. In solchen Momenten muss man auf alles gefasst sein.

Begegnung mit Reinhold Messner

Kurz vor dem Gipfel der Königin der Dolomiten – der König der Bergsteiger: Reinhold Messner. Messner ist nicht nur Bergsteiger, er ist auch Kosmopolit. Eine bemerkenswerte Begegnung zum Abschluss meiner Reise über den Friedensweg, die gleichermaßen faszinierend wie bewegend war.


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Peter Holzner, Sonntag, 23.November 2014, 19:05 Uhr

1. Spurensuche

Der Bericht hat mir sehr gut gefallen. Mit meinen Sportkameraden sind wir schon einige dieser alten Militärpfade mit dem MTB gefahren/geschoben. Beeindruckend, was die Soldaten damals geleistet haben.
Ich freue mich schon auf die nächsten Folgen!