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Sauber!

Seifen Sauber!

Stand: 12.02.2014

Schäumende Seife | Bild: picture-alliance/dpa

Schöne Stücke - marmoriert oder in knalligen Farben, wohlduftend und cremig-schäumend - sind heute wieder in: Auf Wochenmärkten, in Bioläden oder Luxusgeschäften findet man "handgemachte" Seifen zu Preisen, die denen von Pralinen nahekommen. Und damit schließt sich fast wieder der Kreis: Galten Seifen im 17. Jahrhundert noch als absolutes Luxusprodukt, das dem Adel vorbehalten war, so wurden sie in der Folgezeit durch immer billigere Herstellungmethoden zum Massenprodukt, das für Cent-Beträge in den Drogerien zu haben ist. Davon heben sich dann die von Hand gefertigten Luxusseifen - komponiert aus hochwertigen Ölen und Parfüms - deutlich ab! Dabei war der Karrierebeginn der Seife eher unspektakulär ...

Der Weg der Seife

Die Seife ist alt, richtig alt: Bereits die Sumerer vor 4.500 Jahren kannten eine Vorform und keilten das Rezept sogar in eine Tontafel: Aus verbrannten Hölzern und Pflanzen stelle man Pottasche her, die man mit Ölen verkoche - fertig ist eine Waschsubstanz, die die Oberflächenspannung von Wasser so verringert, dass die fettlösende Lauge dem Schmutz gut zusetzen kann. Und an diesem Prinzip hat sich bis heute nichts geändert - an der Herstellung der Seifen und deren Inhaltsstoffen jedoch viel.

Was die Sumerer entdeckten, haben die Ägypter weiterentwickelt: Sie fügten der Rezeptur Soda hinzu, ein Mineral, das in der Bodenkruste gefunden werden kann oder durch Verbrennung salzhaltiger Pflanzen entsteht. Das Resultat: Die Waschleistung steigerte sich deutlich.

Auch den Germanen und Galliern entging der Nutzen der Seife nicht: Neben der hygienischen Wirkung schätzten sie vor allem den verschönernden Effekt und bleichten sich mit der Lösung die Haare oder benutzen sie als Gel für gewagte Frisuren.

Und dann der Durchbruch in Sachen Haltbarkeit und Handhabung: Die Araber verkochten im 7. Jahrhundert die bereits bekannten Zutaten - Öle und Alkalisalze - so lange, bis der Großteil des Wassers verdampft war, und erhielten so feste Seife. Zudem gaben sie verbrannten Kalk zur Mischung: Sehr feste Seife! Der Siegeszug der Seifenstücke konnte beginnen ...

"Die Seife ist ein Maßstab für den Wohlstand und die Kultur der Staaten."

Justus von Liebig

Der neue Duft Europas

Schnell verbreitete sich das Wissen um die Seife und ihre Herstellung auch im mittelalterlichen Europa - leisten aber konnte sich die kostbaren Stücke natürlich zunächst nur der Adel. Die ersten Seifensiederzentren entstanden in Spanien, Italien, Frankreich, aber auch in Deutschland: Augsburg war ganz vorne mit dabei. Das zunehmende Seifenangebot führte zu einer neuen Badekultur - überall entstanden Badehäuser auch für das gemeine Volk. Gemeinsam nahm man im öffentlichen Zuber Platz und fröhnte dem Wasserspaß. Und dann kamen Pest und Cholera und setzten der weiteren Verbreitung der Seife ein Ende.

Über ein Viertel der Bevölkerung Europas fiel der großen Epidemie von 1347 bis 1351 zum Opfer - gemeinsames Waschen mit Wasser war mega-out, in Mode kam stattdessen die Trockenreinigung: Abrieb mit sauberen Tüchern und anschließendes Pudern und Überdecken des Körpergeruchs mit Parfüm. Hygienisch ist natürlich was anderes ...

Und das erkannten Ärzte und Medici im ausgehenden 17. Jahrhundert dann auch und verhalfen Wasser und Seife wieder zu ihrem Recht. Eine große Blütezeit erlebte die Seifensiederei unter Ludwig XIV., der Frankreich und vornehmlich die Städte Toulon, Lyon und Marseille zu Hochburgen der Seifenherstellung machte: Er holte die besten Seifensieder und erließ 1688 ein Reinheitsgebot, das besagte, dass besonders feine Seife zu mindestens 72 % aus reinem Öl zu bestehen habe. Ein neuer Siegeszug der Seife begann. Und der Bedarf war groß - zu groß für eine mühsame manuelle Herstellung von Pottasche und Soda.

Dem Franzosen Nicolas Leblanc gelang 1790 die synthetische Herstellung von Soda, was die schnellere und kostengünstigere Produktion von größeren Mengen Seifen ermöglichte. Die Verfahren wurden fortan immer industrieller, die Zutaten zunehmend synthetischer - Seifen immer günstiger und allgegenwärtiger. Die Seife wurde zum Alltagsprodukt ... und kam in Verruf.

"Jeden Morgen verwandelt man sich vermittelst Chemikalien, Wasser & Seife, aus einem spreizhaarigen fettigen Troll in ein glattköpfig-kühles Gedankenwesen."

Arno Schmidt

Sauber ... aber kaputt?

Seife wird billig und kann so häufig verwendet werden, wie man will. Hygienetechnisch ein enormer Fortschritt - Seifenlauge aber ist für die Haut nicht unbedingt die beste Lösung: Die alkalihaltigen Substanzen der "echten" Seifen können die Haut angreifen, sie entziehen ihr Fett und trocknen sie aus - besonders, wenn die Inhaltsstoffe der Seife nicht besonders hochwertig sind. Aber eigentlich finden sich in unseren Badezimmern mittlerweile selten eher "echte" Seifen - sondern meist Waschstücke, deren waschaktive Substanzen synthetischer Natur sind, und denen rückfettende Komponenten beigemischt sind. Handgemachte echte Seifen, die aus edlen Zutaten schonend komponiert werden, und deren Rückfettgrad hoch ist, sind aber auch hauttechnisch völlig okay - preislich spielen die aber in aller Regel in der Oberklasse!

"Wenn man dem Esel den Kopf wäscht, vergeudet man Seife."

Sprichwort aus Italien

Warenkunde Seife

Die Leimseife

Sie hat ihren Namen von der kleisterartigen Konsistenz, die sie beim Anrühren bekommt. Leimseifen sind kaltgerührt und werden mit Kokosöl hergestellt, desen Selbsterwärmung so hoch ist, dass eine zusätzliche Wärmezufuhr unnötig ist. Im Gegensatz zur Kernseife bleibt bei ihr das Glycerin erhalten, was einen positiven Rückfetteffekt für die Haut bedeutet.

Die Kernseife

Die Kernseifen bestehen in der Regel aus Natriumsalzen von Fettsäuren, wobei meistens eher minderwertige Fette zum Einsatz kommen und ein endgültiger Fettsäuregehalt um 75 % in der Seife erreicht wird. Das beim Aussalzen entstehende Glycerin wird bei der Kernseife entfernt, was sie hautunfreundlicher macht. Pure Kernseifen sind billig, dienen aber auch als Grundlage für hochwertigere Seifen.

Die Feinseife oder auch Toilettenseife

Die Basis für Fein- oder Toilettenseifen sind in der Regel geruchsneutrale Kernseifen, denen im weiteren Verfahren Duft-, Farb-, vor allem aber pflegende Stoffe zugefügt werden, um sie hautverträglicher zu machen. Häufig kommt hierbei Lanolin zum Einsatz. Im Supermarkt- oder Drogerieregal sind zum größten Teil Feinseifen zu finden.

Die Glycerinseife

Sie ist in der Regel halbtransparent und erhält ihren Namen durch den sehr hohen Glycerinanteil in der Seifenmasse. Sie soll besonders hautfreundlich sein, da sie die Haut weniger austrocknen soll, als reguläre Fein- oder gar Kernseifen.

Die Arztseife (antibakterielle Seife)

Unter Arztseifen versteht man in der Regel pflegende Seifen mit hohem Glycerinanteil, denen auch häufig bakterienhemmende Stoffe wie Farnesol oder Triclosan beigesetzt werden. Wie wirksam diese für den Hausgebrauch produzierten Saubermacher sind, ist umstritten.

Die Rasierseife

Sie zeichnet sich vor allem durch einen hohen Stearinsäuregehalt aus, der die Seife gut schäumbar macht, und den entstehenden Schaum stabil und fest.

Die Schmierseife

Sie ist meist flüssig bis halbfest und wird eigentlich nicht zur Körperreingung verwendet, da ihre Inhaltsstoffe von minderer Qualität sind: Billige Fette und Öle werden mit Kalilauge verseift und ergeben eine in Wasser leicht lösbare Seife, die vor allem zum Putzen im Haushalt eingesetzt wird.

Die Gallseife

Auch sie ist eine Seife, die vorwiegend im Haushalt zum Einsatz kommt, z. B. bei der Fleckentfernung auf Textilien. Hergestellt wird sie unter Verwendung von Rindergalle, die eine besonders fett- und eiweißlösende Wirkung hat.