BR Fernsehen - Abendschau


4

100 Jahre Ampel Wer wird denn gleich rot werden?

Stand: 05.08.2014 | Archiv

Ampel | Bild: picture-alliance/dpa

Explosive Ampelphase: Der happige Start

Dass die Ampel hundertsten Geburtstag feiern kann, wäre fast vereitelt worden, denn der Urahn trat recht unrühmlich ab: Bereits 1868 packte die Engländer der Pioniergeist und sie installierten das erste Lichtzeichensystem in London. LED war unbekannt, Sonnenkollektoren noch in ferner Zukunft – so benutzte man die damals übliche Energiequelle: Gas. Der Rest lässt sich leicht denken: Wenige Wochen nach Einführung war das Experiment beendet, die großen Pläne lagen in Schutt und Asche.

Sicher über die Straße

Und dann wurde es Licht: Mit Erfindung der Elektrizität begann die Einführung der Lichtzeichenanlage erneut. Ampel 2.0 stand zuallererst in Cleveland, USA und regelte ab 1914 den Verkehr mit einer revolutionären Zweifarbentechnik: Rot für "Stop", Grün für "Go". Funktionierte, war aber verbesserungsfähig: 1919 ging in Detroit das Dreifarbenmodell in Betrieb – so wie wir es heute noch kennen.

Ampelturm am Potsdamer Platz in Berlin

Überhaupt "wir": Wir hatten die erste Lichtzeichenanlage in Hamburg. Am Stephansplatz stand sie ab 1922! Zwei Jahre später war dann die Hauptstadt an der Reihe: Ab 1924 regelte eine Ampel den Verkehr auf dem Potsdamer Platz – aber nicht allein. Um die Lichter erstrahlen zu lassen, stieg ein Polizist auf den Ampelturm und wechselte per Hand die Farbfelder. Trotzdem ein Ressourcengewinn – vorher waren zehn Beamte mehr zur Verkehrsberuhigung nötig.

Die bayerische Landeshauptstadt konnte ihre Lichtanlage ab 1927 am Hauptbahnhof bewundern. Bald hatte die Ampel die Republik fest im Griff, was auch gut und richtig war, schließlich nahm das Verkehrsaufkommen stetig zu.

Infos und Kuriosa und kuriose Infos

Nomen est Omen

Eigentlich wird schlaglichtartig klar, wie das mit der Ampel ist, wenn man sich den Ursprung des Namens anguckt: Mit 'ampulle' bezeichnete man im Mittelalter (Öl)-Gefäße, v.a. auch das katholische "Ewige Licht" ... und das ist ja bekanntlich rot!

China sieht rot

Angeblich gab es in den 60er-Jahren Diskussionen in China, die Farbbedeutungen umzudrehen, denn dass "Rot", die Farbe der Kulturrevolution, für "Stopp" steht, geht natürlich eigentlich gar nicht ...

Alles auf "Go"

Die Japaner mit ihrer doch eher kleineren Statur und ihren doch eher größeren Plätzen fahren ein Fußgängersondermodell: Alle Fußgängerampeln schalten dort auf "grün", alle Autos werden per "rot" geblockt - die Kreuzung gehört den Zweibeinern, die auch diagonalen/kreuzen.

Feindliches Grün

Wer glaubt, "grün" sei immer toll, stand noch nie in einer Kreuzung, auf der ALLE Fahrbahnen freie Fahrt signalisiert bekommen haben ... und wird es hoffentlich auch nie, denn Programmierungen sorgen dafaür, dass "feindliches Grün" ausgeschlossen wird.

Blaulicht macht Grünlicht

Zugegeben, es gibt Fahrzeuge, die's noch eiliger haben als wir: Einsatzfahrzeuge von Feuerwehr, Polizei und Notarzt. Und die fordern ihre grüne Welle vielfach einfach an. Geil, oder?

Wissen macht Ah!mpel

Sie werden jetzt sagen: Pah, das weiß doch jedes Kind, was die Lichter an einer Ampel bedeuten. Stimmt. Aber es gibt auch ein paar Feinheiten und Besonderheiten.
Rot ist immer oben (kleine Einschränkung: quer-liegende Ampeln) - das wissen die meisten, und es funktioniert auch auf der ganzen Welt. Heißt aber nicht, dass alle überall brav bei Rotllicht anhalten...

Auch kinderleicht: bei Rot stehen, bei Grün gehen. Etwas verzwickter ist es mit Gelb: Im Grunde bedeutet es, dass man abwartet, was weiter passiert. Und hier wird's kompliziert. Hand aufs Herz: Wissen Sie spontan, wann die deutsche Ampel rot-gelb und wann nur gelb anzeigt? Glückwunsch, wenn Sie ohne Stirnrunzeln draufgekommen sind! Nach Gelb kommt Rot. Was nach Rot-Gelb kommt, ist naheliegend.
Bei unseren italienischen Nachbarn gibt es zudem die Variante Grün-Gelb (danach wird's rot). Dafür verzichtet man auf das Gelb, wenn die Ampel von Rot auf Grün umspringt. Außerdem gibt's in vielen Ländern noch blinkende Rots, Gelbs und Grüns - aber genug der Farbenlehre.

"Eine Ampel ist ein kleines grünes Licht, welches beim Näherkommen rot wird."

(anonym)

Grüne Welle

Vielerorts reagieren Ampeln ganz direkt auf das Verkehrsaufkommen: Induktionsschleifen, Bewegungsmelder oder Kameras ermitteln, ob und wenn ja, wieviele Fahrzeuge gern Grünlicht hätten. Fahrradfahrer und Fußgänger bekommen ihr Grün vielerorts per Knopfdruck.

Erfurter Ampelmännchen

Gerade in größeren Städten sind Ampelschaltungen teilweise extrem kompliziert. Schließlich soll im Idealfall der Verkehr im Fluss gehalten werden, und das nicht nur auf einer Straße, sondern auch auf allen Quer- und Parallelstraßen, Radwegen und Bürgersteigen. Viele Lichtsignalanlagen haben fest programmierte Phasen, deren Länge nach Tageszeiten oder Wochentagen variieren. Zusätzlich kann von den Verkehrsleitzentralen aus eingegriffen werden, dann gibt's "grüne Welle" von ganz oben. Wenn der Verkehr gut im Fluss ist, wird er leiser und der CO2-Ausstoß geringer - und die Laune der Verkehrsteilnehmer besser ;)

"Der Fahrlehrer erklärt vor der ersten Fahrstunde: 'Wenn die Ampel rot wird, hältst du an. Wenn die Ampel grün wird, fährst du los. Und wenn ich weiß werde, fährst du langsamer!'"

(uralter Witz)

Weil die Ampel so ein Erfolgsmodell ist, wird sie bildlich gern für andere - zumindest erfolgsheischende - Modelle sprachlich genutzt: Die "Ampel" in der Politik kam noch nicht zustande (wobei da wohl auch viele eher das zweifarbige Urmodell präferiert hätten) und auch die Ernährungs-Ampel ist bis jetzt noch nur Modell!

Ein Text zur Erklärung der Fußgängerampel, den wir Ihnen nicht vorenthalten wollen / können / dürfen:

"Um Fußgängern ein sicheres Überqueren von verkehrsreichen Fahrbahnen - vulgo: Strassen - zu ermöglichen, werden Fußgängersignalanlagen (auch 'Fußgängerschutzanlagen' genannt) eingesetzt. Diese Anlagen werden häufig mit einer Anforderung (fast immer per Knopfdruck) durch die Fußgänger betrieben. Dabei sind Varianten möglich, bei denen die Signalgeber für den Fahrzeugverkehr in der Grundstellung auf 'Dunkel' geschaltet sind. Nach Anforderung durch den Fußgänger schalten die Fahrzeugsignale von Dunkel über Gelb auf Rot. Fußgängersignalanlagen sind - in aller Regel - an das Vorhandensein von (bodenmarkierten) Fussgängerschutzwegen - vulgo: Zebrastreifen - als Querungshilfe. Bei ausreichend langsamem Fahrzeugverkehr, was verkehrsorganisatorisch gefördert werden kann (vgl. Shared Space) und wechselweiser Rücksichtnahme durch das Zusammenwarten von Fussgängern einerseits und Lückenöffnen in einer Kolonne rollender Fahrzeuge, Blickkontakt und Kommunikation können Fussgänger zeitlich und räumlich flexibel sowie sicher queren. Fussgängerschutzweg und -signalanlage organisieren das Quergehen (samt Kinderradfahren, Skaten, Fahrradschieben, Rollstuhlfahren) lokal an einer Stelle (und verbieten es bis zu 20 m daneben) und in Zeitschlitzen. Bei hohem Fussgängerverkehrsaufkommen und begrenzter Sensorik und Logik des Ampelsystems stossen Fussgängerampeln rasch an ihre Leistungsgrenze. Fussgänger werden nicht selten auf Schutzwegen, durch diese querende Fahrzeuge verletzt, weshalb sich Umsicht empfiehlt." (Quelle: Wikipedia, 29.7.2014)


4