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Studium in Österreich Viel Charme und eine Sprachbarriere

Noemi Beinhölzl studiert Psychologie an der Universität Wien. Die Hauptstadt der Alpenrepublik überzeugt mit ihren Gegensätzen - und der Wiener Lebensart.

Von: Noemi Beinhölzl

Stand: 09.02.2016

Noemi Beinhölzl | Bild: Noemi Beinhölzl

Ursprünglich habe ich mich nach vielen Unis umgeschaut und wusste gar nicht so wirklich, wo ich studieren möchte. Auf gut Glück habe ich mich dann in Wien beworben und als das Ergebnis des Aufnahmetests kam, bin ich einfach mit Sack und Pack aus meiner Heimatstadt München nach Wien umgezogen. Durch meine anfängliche Wohnungsnot habe ich früh erfahren, wie viele nette, offene und hilfsbereite Menschen es hier gibt. Schnell bin ich bei einem netten Vermieter untergekommen.

"Sowieso war ich gleich von der Lockerheit und Vielfalt begeistert: Ob Kleidungsstil, Herkunft oder Kunst, die Stadt ist so unglaublich bunt."

Noemi Beinhölzl

Neben älteren Damen mit Pelz und Seidenstrümpfen, die schon vormittags im typischen Wiener Kaffeehaus ihren Champagner schlürfen, stolpert man vor allem im Sommer über unzählige Gratisfestivals und Freiluftkonzerte. Die prachtvollen, kaiserlichen Bauten, breiten Straßen und Alleen, auf denen noch immer Pferdekutschen fahren, stehen im direkten Kontrast zu "abgeranzten" Fassaden, Graffitis und leerstehenden Häusern.

Wohnen in Wien ist bezahlbar

Studenten, die in München froh sein können, ein halbwegs bezahlbares Zimmer zu finden, wohnen hier nicht selten in Altbauten mit hohen Wänden, Flügeltüren und Stuck an der Decke. Wer an der zentral gelegenen, 650 Jahre alten Hauptuni studiert, geht jeden Tag auf Marmorböden über prunkvoll verzierte Stiegen an einem mit einem Brunnen ausgestatteten Arkadenhof vorbei oder treibt sich am Campus des alten Allgemeinen Krankenhauses (AKH) in einem der zehn - mit WLAN ausgestatteten - Höfe herum, deren Wiesen sich im Sommer herrlich zum herumliegen eignen.

"Alles in allem ist Wien geprägt von Gegensätzen und das macht den besonderen Charme dieser Stadt aus."

Noemi Beinhölzl

Auch der Unterschied zwischen den Jahreszeiten ist hier deutlich spürbar. So freundlich und schon fast südländisch die Stadt im Sommer mit ihrem mit Strandbars bestückten Kanal, der grün gesäumten Donau und den unzähligen Straßencafés und Eisläden wirkt, umso trister ist sie im Winter, wenn man das Gefühl hat, jeder auf der Straße ist schlecht gelaunt. Nicht selten bekommt man ohne Grund ein "ach, geh schoaß'n" entgegen geworfen.

Ausgehen in Wien ist teuer, aber lässig

Der für Wien typische eisige Wind geht einem durch Mark und Bein. Aber es gibt auch die schönen Seiten des Winters: Am Rathaus zum Beispiel wird eine große Schlittschuhbahn aufgebaut, auf der sich die Wiener austoben können. Und wer keine Lust auf Schlittschuhlaufen hat, der kann sich die Zeit gut an den vielen Glüweinstandln versüßen, die hier schon Ende Oktober an jeder Ecke aufpoppen.

Die Partyszene ist meiner Meinung nach ein bisschen teurer als in München, doch sollte man sich hier nicht wundern, wenn man beim Feiern anstatt von Highheels auch mal auf Jogginghose und Boots trifft - eigentlich ganz sympathisch. Außerdem ist die Stadt auf das Nachtleben ausgerichtet: Die U-Bahnen fahren am Wochenende die ganze Nacht durch und überall findet man rund um die Uhr Stände, die Käsekrainer, Zigaretten und Bier verkaufen. Das Semesterticket kostet übrigens nur 75 Euro!

Wer dem Großstadtgetümmel mal entfliehen will, kommt schnell auf den Kahlenberg, auf dem es ein hübsches Freibad und eine gigantische Aussicht über Wien gibt - am besten mit einem leckeren Essen zu Heurigenzeit. Man kann auch donauabwärts in die Lobau fahren, um dort die Natur zu bewundern und zu baden.

Paradeiser und Karfiol

Studieren in Österreich | Bild: Christa Posch

Auch in der Stadt kann man im Park bei Schloss Schönbrunn oder im riesigen Praterpark ein wenig Ruhe genießen. Was mich selbst nach zwei Jahren immer noch zum Schmunzeln bringt, sind die ganz anderen Ausdrücke für viele Dinge, wo doch die Landessprache auch Deutsch ist. Tomaten heißen "Paradeiser", Auberginen "Melanzani", Blumenkohl "Karfiol", Bohnen "Fisolen" und wenn man beim Einkaufen nach einer Tüte anstatt nach einem "Sackerl" fragt, würden die irritierten Verkäufer wohl am liebsten die Drogenpolizei holen.

Ein Tipp zum Schluss: Jeder der in Wien war muss zumindest einmal die billigen und superleckeren Falaffel bei Mr. Fallaffel am Naschmarkt gegessen haben!

Länderinfo: Österreich

  • Die Alpenrepublik zählt seit Jahren zu den drei beliebtesten Ländern von deutschen Studenten im Ausland. Österreich liefert sich damit ein Wettrennen um Platz eins mit den Niederlanden und Großbritannien.
  • Die Universität Wien ist über 650 Jahre alt und damit die älteste Uni im deutschen Sprachraum.
  • Österreich ist insbesondere für viele Deutsche attraktiv, die vor dem knallharten Numerus clausus geflüchtet sind. Unbeschränktes Platzangebot gibt es allerdings nicht und viele Studiengänge setzen eine aufwendige Eignungsprüfung voraus.
  • Der Bologna-Prozess hat auch Österreich erreicht und Bachelor- und Masterstudiengänge sind in Aufbau und Dauer mit den deutschen vergleichbar.
  • Studiengebühren gibt es in Österreich nicht. Aber die meisten Studierenden müssen den ÖH-Beitrag in Höhe von 18,70 Euro pro Semester für die Pflichtmitgliedschaft in der "Österreichischen Hochschülerinnen- und Hochschülerschaft" bezahlen.

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