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Aufschieberitis Morgen, Morgen, nur nicht heute

Endlich sitzt Du am Schreibtisch, da fällt Dir ein: Ich müsste dringend mal wieder Fenster putzen! Studien zufolge neigt jeder zweite Student dazu, die Dinge lieber morgen als heute zu erledigen. Jeder fünfte zählt sich zu den chronischen Aufschiebern.

Von: Ronja Dittrich, Friederike Kühn

Stand: 15.06.2020

Perfektionisten aufgepasst!

Wer aufschiebt, ist weder faul noch bequem, sondern eher ein Perfektionist mit (zu) hohen Ansprüchen an sich selbst. Denn die meisten Aufschieber haben große Ziele und schaffen viel - nur nicht das, was sie unbedingt müssten. Hinter dem Aufschieben können tiefer liegende Ängste liegen. Grundsätzlich ist es aber erstmal normal, unangenehme Dinge vor sich her zu schieben.

Auslöser für dieses Verhalten ist die kurzfristige Vermeidung von unangenehmen Gefühlen, die das Lernen auf eine Prüfung oder die Angst, die Hausarbeit nicht schreiben zu können, hervorrufen können. Doch da beginnt ein Teufelskreis: Es kommt das schlechte Gewissen dazu und - je später man anfängt - die begründete Angst, es tatsächlich nicht zu schaffen. Wenn Du solche Verhaltensweisen von Dir kennst, hilft es, sich positiv zu motivieren.

  • An sich glauben statt zu zweifeln
  • Sagen: "Ich will" statt "Ich muss"!
  • Sich nicht zu viel auf einmal vornehmen, sondern große Projekte in kleine Häppchen aufteilen, weil sich unser Gehirn nach schnellen Erfolgen sehnt

Lernen mit der Pomodoro-Technik

Die Pomodoro-Technik (von italienisch pomodoro) ist eine Möglichkeit, Dein Zeitmanagement zu optimieren und effizienter zu lernen. Das in den 1980er Jahren von Francesco Cirillo entwickelte System verwendet einen Kurzzeitwecker, um Arbeit in 25-Minuten-Abschnitte - die sogenannten pomodori- und Pausenzeiten zu unterteilen. Der Name pomodoro stammt von der Küchenuhr, die Cirillo bei seinen ersten Versuchen benutzte. Die Methode basiert auf der Idee, dass häufige Pausen die geistige Beweglichkeit verbessern können. Die Technik besteht aus fünf Schritten:

  • die Aufgabe schriftlich formulieren
  • den Kurzzeitwecker auf 25 Minuten stellen
  • die Aufgabe bearbeiten, bis der Wecker klingelt; mit einem X markieren
  • kurze Pause machen (5 Minuten)
  • alle vier 'pomodori' eine längere Pause machen (15–20 Minuten).

Ein wichtiges Ziel der Technik ist das Verringern von Unterbrechungen, sowohl internen (Abschweifen) als auch externen (Telefon, E-Mail). Diese werden als Unterbrechung vermerkt und zur späteren Abarbeitung aufgeschrieben.

Wenn das alles nichts nützt, solltest Du Dich fragen, woher die Unlust kommt: Vielleicht ist das Studium nicht das, was Du selber willst, sondern Deine Eltern von Dir erwarten? Vielleicht schiebst Du die Hausarbeit vor Dir her, weil danach die Abschlussarbeit kommt und schließlich das Studium zu Ende ist. Zukunftsangst? Wenn Du Dein Pensum tatsächlich nicht mehr schaffst, weil Du extreme Prüfungs- oder Versagensängste hast, handelt es sich wohl tatsächlich um "Prokrastination", also um eine ernstzunehmende Arbeitsstörung. In diesem Fall solltest Du nach den tiefer liegenden Gründen suchen, etwa indem Du eine psychische Beratungsstelle aufsuchst.

Was ist Prokrastination?

Prokrastination ist eine ernstzunehmende Arbeitsstörung, die sowohl private Alltagsaktivitäten als auch schulische, akademische und berufliche Tätigkeiten betreffen kann. Prokrastination kann als Teil einer diagnostizierbaren psychischen Störung wie einer Depression, einer Angststörung oder ADHS auftreten. In solchen Fällen ist die Behandlung der primären psychischen Störung die Voraussetzung für die Behebung der Arbeitsstörung.

Es gibt verschiedene Prokrastination fördernde Faktoren:

  • Probleme in der Prioritätensetzung
  • mangelnde und unrealistische Planung
  • Schwierigkeiten in der Abgrenzung gegen alternative Handlungstendenzen
  • Defizite im Zeitmanagement oder in der Konzentrationsfähigkeit
  • Abneigung gegen die Aufgabe
  • Angst vor Kritik oder Versagen
  • Fehleinschätzungen der Aufgabe oder der eigenen Leistungsfähigkeit

(Quelle: Prokrastinations-Ambulanz der Universität Münster)

Prokrastinationsambulanz an der Uni Münster

Die westfälische Universität Münster hat eine Prokrastinations-Ambulanz eingerichtet. Hier wird Studierenden mit eben solchen Problemen geholfen. Auf der Homepage gibt es einen Selbsttest, mit dem man prüfen kann, ob man wirklich gefährdet ist oder ob das eigene Aufschiebeverhalten noch im Bereich des Normalen liegt.


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