ARD alpha - Campus


6

Doku über einen Marine-Soldaten "ERIC DER SOLDAT“ von Charlotte Funke

Campus Cinema zeigt euch "Eric der Soldat“. Es ist Funkes Erstlingswerk an der HFF München, ihr so genannter "Film 01": das Portrait eines Marine-Soldaten, der ein bisschen wie aus der Zeit gefallen scheint. Statt WhatsApp-Nachrichten schreibt er lieber Tagebuch. Und auf seinen Seesack stickt er ein Goethe-Gedicht.

Von: Campus Cinema

Stand: 02.10.2017

Filmszenen aus "Eric der Soldat" von Regiestudentin Charlotte Funke | Bild: HFF München

Charlotte Funke hat ihren ungewöhnlichen Protagonisten Eric auf dem Weg nach Berlin kennengelernt. Sie nahm ihn über eine Mitfahrzentrale vermittelt mit. Während der Fahrt hatten sie sehr viel Zeit, sich zu unterhalten. Als Fahrerin stellte sie unentwegt Fragen, Eric antwortete bereitwillig und noch dazu sehr detailliert. Für die HFF-Studentin ein spannendes Treffen. Und so keimte in ihr der Gedanke über Erics Welt, mit der sie vorher keinerlei Berührungspunkte hatte, einen Film zu drehen.

"Er ist nicht nur jemand, der viel über die Marine und die Einsätze erzählen konnte, eine mir fremde Welt, er ist auch ein Charakter, der sehr besonders ist. Da gab es zwischen ihm und mir von Anfang an eine Reibung. Das fand ich interessant, dass er anders denkt und ganz anders ist als ich und trotzdem auf eine besondere Art offen, viele Fragen, die ich habe, zu beantworten und auch mit mir zu diskutieren."

Charlotte Funke, Dokumentarfilmstudentin an der HFF München

Synopsis von "Eric der Soldat“

Eric ist 21 und Marinesoldat. Statt WhatsApp-Nachrichten schreibt er Tagebuch. Auf seinen Seesack hat er ein Gedicht gestickt – von Goethe. Warum will Eric Soldat sein? Eine Geschichte von der Sehnsucht und der Suche nach dem richtigen Leben.

Kurzdokumentarfilm 2015, Länge: 14 min

Regie, Buch, Schnitt: Charlotte Funke / Kamera: Laura Forigua Loaiza / Herstellungsleitung: Ferdinand Freising / Herstellungsassistenz: Anna Katharina Engel / Filmgeschäftsführung: Margit Alraun-Werb / Ton: Laura Kammermeier / Buchbetreuung: Jens Pfeifer / Schnittbetreuung: Eva Hartmann / Kamerabetreuung: Kaspar Kaven / Gesamtleitung: Prof. Heiner Stadler

Festivals:

Kurzfilmfestival Köln (KFFK), 2016, Preis: 2. Jurypreis
DOK.fest München, 2015
Kasseler Dokumentarfilm- und Videofest, 2015
Auswahl German Films Next Generation Short Tiger, 2015 (diverse Festivals)

Als dramaturgisches Element arbeitet der Film bewusst mit stilisierten Bildern: Autofahrten und Landschaften im Schnee. Gedreht im Norden von München, weit weg von Erics eigentlichen Einsatzorten.

"Eric bei der Marine zu zeigen war logistisch nicht möglich. Er war damals nicht im Einsatz, sondern hat an der Bundeswehr-Uni in München studiert. Die beschränkten Mittel, die wir für dieses Film01-Projekt haben, hätten es uns auch nicht möglich gemacht, einen Einsatz zu filmen. Wir bekommen nur drei Rollen 16-Millimeter-Film, etwa eine halbe Stunde Material, maximal drei Drehtage und es muss im Raum München gedreht werden. Ich habe ich mit meiner Kamerafrau überlegt: wo können wir hingehen, wo ist ein Ort, der zu Eric passt. Er sollte eine Weite haben, der einem Meer nahekommt, was im gebirgigen Oberbayern nicht einfach ist. So sind wir in den Norden der Stadt gefahren und haben auf einem relativ weiten Acker gedreht. Ich finde, es passte dann auch, dass Februar war und überall Schnee lag und etwas Karges hatte. Ein Soldatenleben auf dem Schiff - so erzählt es Eric - steckt auch voller Arbeit und Entbehrungen."

Charlotte Funke, Dokumentarfilmstudentin an der HFF München

Roter Faden mit Brisanz – Erics Tagebücher

Als roten Faden benutzt der Film Erics Tagebücher, aus denen er direkt vorliest. Es ist eine Sprache, die ihn stark beschreibt, die aber nicht seine Alltagssprache ist:

"Heute kurz nach Dienst hielt der Militärpfarrer auf dem Deck eine Messe ab. Ich bin nicht hingegangen. Es liegt mir zwar, Messen zu besuchen und in die Kirche zu gehen. Aber hier wird stets so gezwungen Bezug auf den Beruf des Soldaten genommen. Es wird von Heimweh gesprochen oder von der psychischen Belastung im Einsatz. Von der Pflicht und von der Mission sollte gesprochen werden. Schließlich ist der Beruf des Soldaten keine endlose Passion, sondern eine hohe Aufgabe."

Ausschnitte aus Erics Tagebüchern

Aus der Zeit gefallen - Erics Sehnsucht

Es gehört so zu Eric, dass er schreibt und ein großer Fan deutschsprachiger Literatur ist, die auch schon ein bisschen älter ist, er lehnt sich auch an diese Sprache an. So wirkt es ein bisschen wie aus der Zeit gefallen. Im Film gefragt, ob er gerne in einer anderen Zeit leben würde, sagt er ganz selbstverständlich "ja". Eric hat eine Sehnsucht nach einer anderen Form von Zusammenleben.

Charlottes Präsenz im Film – ihre eigene Stimme

Der Zuschauer hört Charlotte Funke als Fragestellerin im Film. Sie will damit ihre komplett andere Einstellung zum Leben ausdrücken.

"Es war eine lange Suche nach meiner Haltung Erik gegenüber. Wie stark kritisiere ich ihn? Wie stark will ich ihm Raum geben? Da hab ich lange mit mir gerungen, wie stark das im Film sein soll und am Ende wollte ich, dass der Zuschauer spürt, dass ich von einem ganz anderen Pol komme, aber kein zu großes Gewicht bekomme. Im Dokumentarfilm finde ich es aber schön, dass meine subjektive Haltung spürbar sein darf. So kann ich Eric  darstellen, aber auch unsere Auseinandersetzung."

Charlotte Funke, Dokumentarfilmstudentin an der HFF München

Über Charlotte Funke

Charlotte Funke wurde 1988 in Berlin geboren. Nach dem Studium der  Germanistik und Kunstgeschichte, machte  sie ein Volontariat beim rbb in Potsdam.  Sie arbeitete als freie Journalistin und Redakteurin beim rbb-Kulturradio in Berlin. Für die Zeitpunkte-Reportage über sexuelle Vielfalt in der Schule erhielt Charlotte Funke zusammen mit Anne Bohlmann  2015 den Felix-Rexhausen-Preis. Mit der Auszeichnung würdigt der Bund Lesbischer und Schwuler JournalistInnen (BLSJ) ein besonderes publizistisches Engagement bei der Berichterstattung über Lesben, Schwule und Bisexuelle. Die Zeitpunkte-Reportage wurde am 18. Oktober 2014 im Kulturradio vom rbb ausgestrahlt. "Die Autorinnen haben eine Stunde Radio geschaffen, wie man sie nicht mehr oft zu hören bekommt: politisch relevant, sauber recherchiert und handwerklich exzellent umgesetzt", so die Jury.

Seit 2014 studiert Charlotte Funke Regie an der Hochschule für Fernsehen und Film München, Abteilung Dokumentarfilm und Fernsehpublizistik, wo sie ihren ersten dokumentarischen Kurzfilm "Eric der Soldat“ (Buch, Regie & Schnitt) realisierte.

Weitere Filme, an denen sie mitgewirkt hat:

2015 "Mal Zeit" (Ton : Charlotte Funke, Regie: Merle Grimme/ Hochschule für Fernsehen und Film München ( HFF ))
2015 "Die Stimme des Vogels" (Ton: Charlotte Funke, Regie: Laura Viviana Forigua Loaiza/ Hochschule für Fernsehen und Film München ( HFF ))
2015 "Linienführung abgeschlossen" (Ton Charlotte Funke und Christina Schranz, Regie: Carina Zech/ Hochschule für Fernsehen und Film München ( HFF ))

Der Nachfolge-Film ist abgedreht und fertiggestellt:  "Zeit und Energie"

Ein essayistischer Film über das Fliegen und die Gewissenskonflikte in denen wir stecken. Wir wissen wie schädlich es ist, in ein Flugzeug zu steigen und trotzdem machen wir es die ganze Zeit. Es gehört zu unserem Alltag dazu, aber wie gehen wir mit diesem Dilemma um?

Synopsis von "Zeit und Energie"

Im Dorf neben dem Flughafen hat man sich an den Lärm der Easyjets gewöhnt. Der Rasenmäher schnurrt vollautomatisch über die Wiese, ein Idyll mit Schallschutzfenstern.
Schnitt. Vor einem Zugfenster rast Deutschland vorbei, eine junge Frau fährt mit der Bahn nach Norwegen, um das Flugzeug zu vermeiden. Ein anderer erzählt, dass er lieber nach Indonesien fliegt und einen Baum pflanzt. Es gab eine Zeit, da ging man zu Fuß. Heute ist Energie billig und das gute Gewissen auch. Der Essayfilm „Zeit und Energie“ erzählt von den Widersprüchen, die unser Leben prägen. Das Leben einer jungen und aufgeklärten Generation, die alles richtig machen will und doch in den eigenen Bedürfnissen klemmt. Woher kann Veränderung kommen? Eine Suche zwischen persönlicher Verantwortung und Dazugehören-Wollen.

Dokumentarfilm, 2016, Länge 30 min

Regie, Produktion und Drehbuch: Charlotte Funke, Bettina Sandhaeger / Kamera: Rebecca Hoeft / Herstellungsleitung: Ferdinand Freising / Schnitt: Melanie Jilg / Ton: Charlotte Funke, Bettina Sandhaeger / Mischung: Florian Schneeweiß / Musik: Georg Friedrich Händel / Farbkorrektur: Claudia Fuchs


6