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Publizistin und Überlebende des NS-Regimes Deutschkron, Inge

Inge Deutschkron überlebte das NS-Regime zusammen mit ihrer Mutter versteckt in Berlin. Weltberühmt wurde sie durch ihre 1978 erschienene Autobiographie "Ich trug den gelben Stern". Im Januar 2013 hielt sie im Deutschen Bundestag eine viel beachtete Rede zum Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus.

Stand: 02.12.2013 | Archiv

"Zuerst einmal muss man sagen, dass mein Vater so deutsch gewesen ist – und ich würde sagen, dass das überhaupt für 80 Prozent der jüdischen Bewohner Berlins galt –, dass das eigentlich gar nicht infrage gekommen ist. Er sagte immer: 'Ich bin Deutscher, Deutsch ist meine Sprache, deutsch ist meine Kultur, ich habe als Freiwilliger im Ersten Weltkrieg für Deutschland gekämpft, ich denke gar nicht daran, auszureisen.' Das sagte er die ganzen ersten Jahre über, als die anderen sich bereits aufmachten, wegzugehen. Das änderte sich dann tatsächlich mit der Pogromnacht: Da hat er dann begriffen, dass es nicht mehr geht, in Deutschland zu bleiben. Von da an war es aber fast unmöglich, überhaupt noch rauszukommen. Die jüdischen Bewohner Berlins standen in langen, langen Schlangen vor den Konsulaten, um irgendwelche Visa zu bekommen. Aber das war furchtbar schwer, denn all diese Länder wollten uns nicht haben. Warum wollten sie uns nicht haben? Weil die Nazis uns nur erlaubten, zehn Mark von unserem ganzen Besitz mitzunehmen. Wenn man aber mit nur zehn Mark pro Person in ein fremdes Land kommt, dann ist dieses Land natürlich gezwungen, sich um einen zu kümmern, auch finanziell."

Inge Deutschkron

Zur Person

  • Geboren
  • 23. August 1922 in Finsterwalde
  • Ausbildung
  • Fremdsprachenstudium in London
  • Beruf
  • Journalistin und Autorin

Funktionen und Ämter

  • Aktuelle Funktion
  • Publizistin
  • Ämter/berufliche Stationen
  • 1941-1943 Arbeit in der Blindenwerkstatt Otto Weidt in Berlin
  • 1945-1946 Sekretärin in der Zentralverwaltung für Volksbildung für die sowjetisch besetzte Zone
  • Tätigkeit im Londoner Büro der Sozialistischen Internationale
  • 1954 Reisen nach Indien, Birma, Nepal und Indonesien
  • 1955 Rückkehr nach Deutschland, freie Journalistin in Bonn
  • 1958 Korrespondentin der israelischen Tageszeitung Ma'ariv
  • 1963 Beobachterin für Ma'ariv beim Frankfurter Auschwitz-Prozess
  • 1966 israelische Staatsbürgerin
  • 1972 Übersiedelung nach Tel Aviv, bis 1988 Redakteurin bei Ma'ariv
  • Seit 1992 freie Schriftstellerin in Tel Aviv und Berlin, seit 2001 in Berlin
  • 2006 Gründung der Inge Deutschkron Stiftung in Berlin
  • 2013 Rede zum Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus im Deutschen Bundestag

Veröffentlichungen

  • Überleben als Verpflichtung. Den Nazi-Mördern entkommen, Kevelaer: Butzon & Bercker, 2010.
  • Offene Antworten. Meine Begegnungen mit einer neuen Generation, Berlin: Transit, 2004.
  • Emigranto. Vom Überleben in fremden Sprachen, Berlin: Transit, 2001.
  • Papa Weid. Er bot den Nazis die Stirn (zusammen mit Lukas Ruegenberg), Kevelaer: Butzon & Bercker, 2001.
  • Israel und die Deutschen. Das schwierige Verhältnis, erweiterte Neuauflage, Köln: Wissenschaft und Politik, 2000.
  • Sie blieben im Schatten. Ein Denkmal für "stille Helden", Berlin: Hentrich, 1996.
  • Unbequem. Mein Leben nach dem Überleben, Köln: Wissenschaft und Politik, 1992.
  • Milch ohne Honig. Leben in Israel, Köln: Wissenschaft und Politik, Köln 1988.
  • … denn ihrer war die Hölle. Kinder in Gettos und Lagern, Köln: Wissenschaft und Politik, 1985.
  • Ich trug den gelben Stern, Köln: Wissenschaft und Politik, Köln 1978.

Erstsendung: 23.12.2013


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