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Wahlanalyse Klatsche für die GroKo - und was jetzt?

Trotz Verlusten von zusammen fast 13 Prozent: Rein rechnerisch würde es für eine Fortsetzung der Großen Koalition reichen. Doch die SPD hat sich für den Gang in die Opposition entschieden. Bleibt: Schwarz-gelb-grün. Daniel Pokraka analysiert, warum die Wähler Union und SPD abgestraft haben - und wieso Angela Merkels Weg nach "Jamaika" kein leichter werden dürfte.

Von: Daniel Pokraka

Stand: 25.09.2017 | Archiv

Bundestagswahl: Die wahrscheinliche Sitzverteilung | Bild: BR

Warum die Union verloren hat

Die Flüchtlingspolitik hat die Union vor zwei Jahren in tiefe Diskussionen gestürzt – und jetzt zu ihren Verlusten beigetragen. Mehr als die Hälfte der Deutschen sagt, die CDU unter Angela Merkel habe in der Flüchtlingspolitik die Sorgen der Menschen vernachlässigt.

Gleichzeitig ist den Wählern der Streit zwischen Merkel und CSU-Chef Seehofer über die Flüchtlingspolitik noch bestens in Erinnerung. 62 Prozent sagen laut Infratest dimap, Seehofer habe mit seinem Verhalten Merkel gegenüber die Union geschwächt. Ein Problem für die Union, deren Wähler als besonders empfindlich gelten wenn es um innerparteilichen Streit geht. Das Ergebnis: Zwei Drittel der Deutschen und auch mehr als die Hälfte der Unionswähler sind der Meinung, CDU und CSU passten nicht mehr so richtig zusammen.

Auch die Kanzlerin hat nicht nur gute Werte: Mehr als die Hälfte der Deutschen sagt: "Zwölf Jahre Merkel sind genug.“ Die starken Kompetenzwerte in zahlreichen Politikfeldern und die von vielen als gut empfundene wirtschaftliche Lage Deutschlands fallen dagegen offenbar weniger stark ins Gewicht – sodass die Union rund drei Millionen Wähler verliert und das zweitschlechteste Bundestagswahlergebnis ihrer Geschichte erreicht.

Warum die SPD verloren hat

Wer die jüngsten Umfragewerte der SPD kannte, ahnte, dass sie auf eine krachende Niederlage zusteuert. Martin Schulz hatte es bis zuletzt nicht geschafft, auf Augenhöhe mit der Kanzlerin zu gelangen. Ob Führungsstärke, Kompetenz oder Sympathie – Schulz lag zum Teil weit hinten. Entsprechend sagten kurz vor der Wahl 59 Prozent der Deutschen: Schulz sei als Kanzlerkandidat nicht überzeugend. Ebenso vielen Menschen war nicht klar, wofür die SPD eigentlich steht. Da überrascht es auch nicht, dass nur 19 Prozent der Deutschen der SPD zutrauen, die wichtigsten Aufgaben Deutschlands zu lösen. Die Konsequenz: Das schlechteste Wahlergebnis, das die SPD bei einer Bundestagswahl je hatte.

Ob die Wähler von Union, FDP und Grünen Jamaika wollen

So richtig überzeugt sind die Wähler von Union, FDP und Grünen von einem solchen Bündnis nicht. Bei den Wählern von CDU und CSU ist die Jamaika-Begeisterung mit 31 Prozent am geringsten – die Wähler der FDP haben mit 42 Prozent noch am meisten dafür übrig. Bei den Grünen sind es 38 Prozent.

Wie es jetzt weiter geht

Als wären Koalitionsgespräche zwischen Union, FDP und Grünen nicht ohnehin schwierig genug, steht auch noch in drei Wochen die Landtagswahl in Niedersachsen an. Die Parteien sind also ab sofort wieder im Wahlkampf – gegeneinander, um sich zu profilieren. Wenn überhaupt über eine Koalition gesprochen wird, dann über Maximalforderungen und rote Linien, um die eigenen Anhänger zu mobilisieren. Vor vier Jahren dauerte es fast bis Weihnachten, bis es eine neue Regierung gab – damit sollte man diesmal auch rechnen. Mindestens.


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