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ARD-Wahlarena mit Martin Schulz Fünf Gründe, warum die Sendung für Schulz gut lief

Begeisterung beim SPD-Kanzlerkandidaten: "Sowas wie hier müssten Bundeskanzler einmal im Monat machen - Irgendwo hingehen und sich das anhören" - so das Fazit von Martin Schulz am Ende der Wahlarena. Für den guten Verlauf von Schulz' Abend sorgte eine Mischung aus Glück und Können.

Von: Daniel Pokraka

Stand: 18.09.2017 | Archiv

Martin Schulz in der ARD-Sendung Wahlarena | Bild: pa/dpa/Jens Büttner

1. Schulz konnte mühelos seine Kernbotschaften unterbringen

Die Bürger im Studio meinten es offenbar gut mit Martin Schulz. Mit den meisten Fragen boten sie ihm die Gelegenheit, für das Wahlprogramm der SPD zu werben: für mehr Investitionen, für eine verschärfte Mietpreisbremse, für mehr Geld für Bildung, gegen das Zwei-Prozent-Ziel bei den Verteidigungsausgaben. Nicht, dass Schulz gar nicht auf die konkreten Fragen der Bürger eingegangen wäre – aber die meisten passten gut zu den Themen, die Schulz, hätte er das tun können, von sich aus angesprochen hätte.

2. Schulz bekam Gelegenheit, Gefühle zu zeigen

Eine Mutter von sechs Kindern fragte Schulz, was er dafür tun werde, dass sie für ihre Erziehungsleistung mehr als die Mindestrente bekommt. Schulz hielt einen Moment lang inne, die Moderatoren begannen schon nervös zu werden, die Mutter wollte ihre Frage schon präzisieren – da begann Schulz von seiner Mutter zu erzählen. Die hatte fünf Kinder. Er, Martin Schulz war das Jüngste. Schulz sagte, er habe sich gerade an sie erinnert, seine Mutter habe gar keine Rente bekommen: „Erst als sie ganz alt war, wurde ein Teil ihrer Jahre anerkannt für eine Minirente. Das geht nicht.“ Der Mutter von sechs Kindern sagt er: „Ich will Ihren Rentenbescheid ändern.“

3. Schulz konnte unwidersprochen unverbindlich bleiben

„Ich kenne Ihren Einzelfall jetzt nicht“, „ich nehme das jetzt mal so mit“ – so oder so ähnlich antwortete Schulz mehrmals. Im Kanzlerduell, dem einzigen gemeinsamen Auftritt mit Angela Merkel, hatte Schulz noch mehr schlecht als recht versucht, an einem Beispiel vorzurechnen, um wie viel Geld das SPD-Steuerkonzept eine bestimmte Familie entlasten werde. Auf so etwas verzichtete er diesmal. Außerdem kam Schulz zugute, dass die Zuschauer relativ wenig von dem, was er sagte, kritisch hinterfragten, und auch die Moderatoren zwangen Schulz selten dazu, Widersprüchliches aufzulösen. Für Sie stand im Vordergrund, möglichst viele Fragen zu ermöglichen.

4. Schulz konnte Merkel angreifen

Schulz musste nicht künstlich nach Möglichkeiten suchen, die Kanzlerin direkt zu kritisieren. Die Fragen der Bürger boten ihm dazu gleich mehrer Gelegenheiten. Die Mietpreisbremse? Merkel persönlich habe eine Verschärfung blockiert. Zu wenig Rente? Merkel sage den Betroffenen, es gebe keinen Handlungsbedarf. Kein zweites TV-Duell? Merkel wolle ja nicht. Musterfeststellungsklagen, um Verbraucherklagen gegen Konzerne zu erleichtern? Würden im Kanzleramt blockiert. Mehr Geld für Rüstung? Merkel werde nie gefragt, woher sie das Geld dafür nehme. Gelegentlich ist Schulz ja vorgeworfen worden, er gehe zu pfleglich mit der Kanzlerin um. Davon war in der Wahlarena wenig zu spüren.

5. Schulz konnte Bürgernähe beweisen

Es liegt in der Natur einer Wahlarena, dass ein Politiker nach Alltagsproblemen gefragt wird. Martin Schulz verwies dann meistens auf seine Zeit als Bürgermeister und auf seinen Heimat- und Wohnort Würselen, auf seine Nachbarn und seine Freunde. Einem Mann aus Malente in Schleswig-Holstein erzählte er, dort sei er ja damals in seiner Fußballerzeit in der Sportschule gewesen – und einem Abfallunternehmer aus Kelheim berichtete er von seinem Auftritt auf dem Gillamoos. Intensiv wurde es, als eine Frau zu einer Wutrede gegen die Politik insgesamt ansetzte, die ja nur wolle, dass die Bürger in die Staatskasse einzahlen und sagte „Solange wir parieren, sind wir gut.“ Schulz widersprach höflich, aber bestimmt, sagte, er habe Verständnis für das Gefühl der Frau und bat sie, ihm abzunehmen, dass ihm das „nicht irgendwo vorbei“ gehe, er gebe ihr das auch gern schriftlich.

Unterm Strich

Ein Fernsehformat, das Schulz entgegenkommt. Er präsentierte sich so, wie er auch bei seinem Wahlkampfauftritten wirkt: zugewandt, auf Augenhöhe, aber der Kanzlerin gegenüber eine Spur aggressiver als zu Beginn des Wahlkampfes. Für gute Umfragewerte hat das bisher nicht gesorgt; sie sind eher gesunken. Vielleicht bilden sich viele erst jetzt, knapp eine Woche vor der Wahl, so richtig ihre Meinung über Schulz. Es ist wohl die Hoffnung auf genau das, was ihn weiter kämpfen lässt.


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