Wahlarena mit dem SPD-Spitzenkandidaten Schulz, der Investor
Schulden abbauen ja - aber auch investieren will Spitzenkandidat Martin Schulz: In den Wohnungsbau, in den Ausbau der digitalen Infrastruktur, in den öffentlichen Nahverkehr. Schulz hörte konzentriert zu und gab sich mitfühlend: Mit der sechsfachen Mutter etwa, der ein Rentenbescheid von 600 Euro vorliegt.
Martin Schulz kämpft gegen das historische Umfragetief seiner Partei – und für "die Menschen in diesem Lande", so der SPD-Spitzenkandidat und Merkel-Herausforderer. Im ARD-Deutschlandtrend kamen die Sozialdemokraten nur noch auf 20 Prozent.
"Die Immobilienpreise sind stark angestiegen, die Mietpreisbremse hat keinen Effekt, die Grunderwerbssteuer wurde erhöht - was wollen Sie tun, damit sich Familien hierzulande überhaupt noch Wohneigentum leisten können?"
Fragestellerin in der ARD-Wahlarena
Kleine Spitzen gegen die Bundeskanzlerin
Sie haben recht, räumt Schulz sofort ein - die Mietpreisbremse funktioniert nicht. Gutsituierte Leute wohnen sich in Deutschland arm. Aber die SPD wolle ja deshalb auch weitere Verschärfungen, nur die Bundeskanzlerin habe dies ausgebremst. Also? Investieren - in den Wohnungsbau.
Applaus vom Publikum gibt es für eine sechsfache Mutter aus dem Erzgebirge - sie will von Schulz wissen, was er zu tun gedenkt, damit Mütter wie sie nicht mit einer Mindestrente dastehen? Sie hätte in den letzten Jahren in allerlei Bereichen gearbeitet: In der Pflege, als Taxifahrerin, Eventmanagerin - aber: 600 Euro weise ihr letzter Rentenbescheid aus.
Mütter als Herzensangelegenheit
Schulz frägt nach: Was haben Sie da alles gearbeitet? Na, was man als Mutter halt so macht, antwortet die Frau - und erhält prompt einen Riesenapplaus vom Publikum. Und Schulz hält inne, zeigt sich gerührt: Das alles erinnere ihn so an seine eigene Mutter. Und weist auf das SPD-Programm hin: Mütterrente, Solidarrente - alles geplant.
"Mütter haben einen Anspruch darauf, dass der Staat ihre Lebensleistung akzeptiert."
SPD-Spitzenkandidat Martin Schulz in der ARD-Wahlarena
Auch einen weiteren Fragesteller beschäftigt das Thema Familie: Viele würden sich ja gerne Kinder leisten, könnten aber nicht und wenn doch, müssten die Kinder viel zu lange in die Ganztagsbetreuung, weil beide Elternteile gezwungen wären, lange zu arbeiten. Was die SPD hier tun will? Schulz widerspricht: Seiner Erfahrung nach wäre das Problem ein anderes: Es gebe im Gegenteil eine Million zu wenig betreute Grundschularbeitsplätze. Hier müsse man investieren.
"Wo bleibt der Mensch?"
Aus dem Takt bringen Schulz dann die Vorwürfe einer Fragestellerin, die SPD würde gerade die Menschen vergessen, die in einer Notlage wären:
"Mein Mann hat immer gearbeitet, dann mit 47 Krebs gekriegt - wenn er jetzt aufhören müsste zu arbeiten, dann müsste er von Hartz4 leben. Diese Menschen fangen sie nicht auf, diese Menschen vergessen sie."
Fragestellerin in der ARD-Wahlarena
Das klinge immer alles gut, so die Fragestellerin, aber in der Realität? Bis 67 arbeiten, die Kinder in die Kita geben -solange man pariere, wäre alles gut. Doch wo bleibe der Mensch? Schulz versucht erfolglos, zu deeskalieren: Er habe für dieses Gefühl Verständnis, auch er habe in seinem Lebensweg erlebt, wie es ist, Hilfe zu brauchen - und kommt nicht weit. "Ich habe ihre Biografie gelesen!" kontert die Fragestellerin. Die Möglichkeiten müsse man im Einzelfall prüfen, so der SPD-Kanzlerkandidat, doch auch ihr Schicksal wäre ihm nicht egal.
Das Format
Rund 150 Wahlberechtigten konnten Martin Schulz unverblümt und direkt mit den Themen konfrontieren, die sie in ihrem Alltag betreffen und auf die sie Antworten fordern. Das Publikum entsprach dabei einem Querschnitt der Bevölkerung. Es moderierten Sonia Seymour Mikich (WDR) und Andreas Cichowicz (NDR).