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Prunkvolles Gedenken Das Heilige Grab in Gaißach

Es ist eines der selten gewordenen Zeugnisse barocker Volksfrömmigkeit: das Heilige Grab. Viele Kirchen haben die prunkvollen Szenen und Kulissen, die an das österliche Geschehen erinnern verloren oder vergessen. Nicht so in der oberbayerischen Gemeinde Gaißach, die ihr Heiliges Grab in der Pfarrkirche St. Michael seit über 300 Jahren aufstellt.

Stand: 04.04.2015 | Archiv

Das Heilige Grab der Gaißacher mit seiner kulissenhaften Kalvarienbergdarstellung ist eines der letzten erhaltenen handwerklichen Arbeiten aus der Barockzeit im süddeutschen Raum - und eines der ältesten. 1711 tauchte es zum ersten Mal in Urkunden auf. Und seit damals wird es jedes Jahr zwei Tage vor Karfreitag aufgestellt.

Alle packen mit an

Von Karfreitagnachmittag bis Karsamstagmittag wird das Heilige Grab festlich beleuchtet.

Rund vier Stunden brauchen die Gaißacher Dorfbewohner, um das Heilige Grab in ihrer Kirche St. Michael aufzubauen. Und anschließend wird es noch liebevoll mit Blumen, Kerzen und Glaskugeln dekoriert. Bis zum Karfreitag bleibt die Beleuchtung der Kulisse allerdings aus - erst dann, während der Liturgie um 15 Uhr, tauchen die von Kerzen beleuchteten Glaskugeln, in denen sich bunt gefärbtes Wasser befindet, das Grab in farbiges Licht.

Die Grabkammer Jesu mit zwei gemalten Wachen davor.

Im Anschluss an den Gottesdienst halten die Gaißacher Ortsteile abwechselnd Totenwache bis in die Abendstunden. Am Karsamstag um zwölf erlöschen die Kerzen und das Grab wird wieder abgebaut um Platz für die Ostermesse zu machen.

Die Tradition der Heiligen Gräber

Darstellungen des Grabes Christi sind seit der Spätantike verbreitet. Da die Gläubigen nicht zu jedem Osterfest zur Grabeskirche in Jerusalem pilgern konnten, stellten sie Nachbildungen her. Ihre Form veränderte sich im Laufe der Jahrhunderte. Beim barocken Heiligen Grab liegt im Zentrum eine Darstellung des Leichnams Christi in der Grabeshöhle. Das Umfeld kann unterschiedlich aufwendig gestaltet sein mit Kerzen, Blumen, bunten Kugeln, Figuren, einem Kreuz oder einem Sonnenrad.

Stiftung sorgt für den Erhalt des Heiligen Grabes

Es gab Zeiten, da waren die Heiligen Gräber der Obrigkeit ein Dorn im Auge, weil so viel Aufhebens und Aufwand darum gemacht wurde. So verbot Kaiser Joseph II. 1782 die Hl. Gräber. Auch mit dem Zweiten Vatikanischen Konzil (1962 bis 1965) sollten sie aus der Liturgie verschwinden. Doch die Gaißacher scherten sich wenig darum. Denn ihr Grab wurde von einer Stiftung aus dem Jahr 1716 getragen, die von verschiedenen Wohltätern mit einem Kapital von 808 Gulden eingerichtet worden war. Der Zweck der Stiftung wird beschrieben mit "Am Karfreitag ist eine Passionspredigt zu halten, das heilige Grab zum Nutzen der Pfarrkirche zu ewigen Zeiten zu unterhalten, zu erbauen und beizuschaffen“. Deshalb hat in Gaißach dieser Kirchenbrauch wie selbstverständlich bis heute überlebt.

Rund vier Stunden dauert der Aufbau der Bühnenkonstruktion und das Zusammenbauen der im Jahr 2001 fachmännisch restaurierten Kulissen.

Und auch für die Zukunft sieht es für das Heilige Grab in Gaißach gut aus: Denn obwohl der Auf- und Abbau der Kulissen jedesmal sehr aufwendig und mühsam ist, packen doch jedes Jahr die Gaißacher Dorfbewohner wieder gemeinsam mit an - und die Alten geben ihr Wissen über das richtige Aufstellen des Kunstwerks gerne an die Jungen weiter.

Weitere Informationen

Zu sehen ist das Heilige Grab in der Kirche St. Michael in Gaißach im oberbayerischen Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen im Isarwinkel. Am Karfreitag findet um 15.00 Uhr die Feier vom Leiden und Sterben Jesu statt, währenddessen die Kerzen des Grabes angezündet werden. Abgebaut wird das Heilige Grab am Karsamstag um 12.00 Uhr


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