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Ein Klassiker aus Holz Die Chiemseeplätte

Mit ihr ging das Segeln in Bayern los. Und heute erlebt die Chiemsee-Plätte einen ungeahnten Aufwind. Sie symbolisiert damit einen Trend zum Einfachen, Zeitlosen und Nachhaltigen.

Stand: 18.07.2017 | Archiv

Es ist ein magischer Moment am Ostufer, wenn Kai Schaufler seine Plätte ins Wasser gleiten lässt und rausrudert. Die Luft ist glasklar, der See dunkelgrün, der Himmel blau und im Hintergrund der Hochfelln und die Kampenwand. Die Plätte ist ein elegantes schmales und zugleich einfaches Holzboot mit einem flachen Boden, daher der Name. Ursprünglich haben damit die Fischer ihre Renken, Saiblinge und Braxn aus den Netzen an Land geholt.

Mit der Plätte über den See fliegen

Schon die Chiemseemaler, die ihre Kolonie auf der Fraueninsel gründeten, lieferten sich im 19. Jahrhundert mit den Insulanern heiße Rennen. "Einen Fahnenmast und ein Tischtuch nahm er, und er hat sich nicht träumen lassen, einmal über den See fliegen", heißt es im Morgenblatt für gebildetete Leser 1841.

Plätten als Botschafter des Chiemgaus

Rund 200 Plättensegler gibt es rund um den See. Jedes Jahr ermitteln sie den Chiemsee-Meister in mehreren Regatten, die gleichzeitig ein gesellschaftliches Ereignis sind. Zum Auftakt trifft man sich zur Brotzeitregatta in Seebruck, den Abschluß bildet immer der Lindchen-Cup auf der Fraueninsel.
Legendär sind die Ausflüge nach Rio und Venedig, wo die Plätte zum Botschafter des Chiemgaus wurde. In Venedig staunten die Gondolieres bei der Regatta mit Start am Markusplatz. In Kiel auf der Kieler Woche stahl die Plätte sogar der Gorch Fock die Schau. Die jüngsten Plätten-Segler sind 12, die ältesten weit über 70 Jahre alt.

Chiemseeplätten - damals und heute

Plättenfan Kai Schaufler fotografiert das schwimmende Objekt seiner Leidenschaft in allen Stimmungen. Er dokumentiert auch den Bau neuer Plätten, sowie die Restaurierung alter Schiffe. Die historischen und aktuellen Aufnahmen hat der Fotograf zu einem Plätten-Kalender zusammengefasst. Infos unter www.chiemseebild.de

Historische Aufnahme aus dem Jahr 1920 von einer Chiemseeplätte mit selbstgenähtem Segel. Die Plätte diente der Familie Lex als Fischerboot.

In den 30er Jahren bekam die Chiemseeplätte einen Bauplan für eine Einheits-Plätte und wurde damit eine eigenständige Bootsklasse: 6,30 Meter lang, 1,40 Meter breit und ein zehn Quadratmeter großes Segel mit den gekreuzten Lindenblättern - ein Symbol für die Fraueninsel mit ihren 1000jährigen Linden. Wer von den Fischern mit dem Hobel geschickt umgehen konnte, hat sich damals seine Plätte selbst gezimmert. Heute sind Plätten für die berufliche Nutzung allerdings aus Stahl und mit 30 PS-Außenborder ausgestattet.

Die Plätte ist mehr als ein Segelboot. Sie ist ein Symbol für den traditionsbewussten, aber auch lässigen, zeitlosen, nachhaltigen und damit modernen Chiemgau.

Weitere Informationen

Manfred Braun vom Segelclub Seebruck hat eine sehr informative und schöne Internetseite über die Plätte zusammengestellt:


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