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Castel Gandolfo wird Museum Sehen, wie Päpste sich betten

Seit fast 400 Jahren sind sie der Sommersitz der Päpste: die Villen von Castel Gandolfo. Dank Franziskus werden sie jetzt der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Zu besichtigen sind ab sofort 16 Räume.

Von: Tassilo Forchheimer

Stand: 22.10.2016

Früher gehörte ein großer Teil Mittelitaliens zum sogenannten Kirchenstaat. Heute ist der Vatikan der kleinste Staat der Welt mit einigen wenigen exterritorialen Gebieten. Das größte Stückchen Land, das unter der weltlichen Herrschaft des Papstes steht, liegt 30 Kilometer südöstlich von Rom.

Die päpstlichen Villen von Castel Gandolfo umfassen immerhin 55 Hektar. Einen kleinen Biobauernhof gibt es hier, einen wunderschönen großen Garten und den Apostolischen Palast, den Sommersitz der Päpste. Den ehemaligen Sommersitz der Päpste muss es richtigerweise heißen, denn die Menschen in Castel Gandolfo haben ein Problem. Anders als seine Vorgänger hat Papst Franziskus kein Interesse mehr an ihrem Ort, beklagt der Besitzer einer früher mal gut laufenden Bar am größten Parkplatz des Ortes.

"Wir spüren das sehr stark. Wirtschaftlich leidet das Dorf sehr. Da ist eine päpstliche Residenz, in der in den vergangenen Jahren keiner gelebt hat. Von daher wünschen wir uns,  dass durch die Umwandlung des Papst-Palastes in ein Museum jetzt wieder mehr Menschen kommen."

Barista von Castel Gandolfo

Das Bett des Papstes.

Castel Gandolfo soll nicht mehr dem Papst allein gehören, sondern allen Menschen, verfügte Papst Franziskus. Schon im März 2014 hatte er die päpstlichen Gärten für Besucher geöffnet, und nun sind auch die letzten Schranken gefallen. Wer möchte, kann jetzt ein päpstliches Bett ganz aus der Nähe betrachten – ein messingfarbenes Gestell und eine gesteppte Tagesdecke. Luxus sieht anders aus. Dafür erzählt Antonio Paolucci, der Direktor der Vatikanischen Museen, die unglaubliche Geschichte, dass in diesem Bett, am Ende des Zweiten Weltkrieges, etwa 40 sogenannte Papstkinder geboren wurden.

"Viele schwangere Frauen sind am Ende ihrer Schwangerschaft hierher gekommen und haben im Bett des Papstes entbunden, im Schlafzimmer von Pius XII. Und viele dieser Kinder leben noch. Das sind die kleinen Geschichten, die die große Geschichte kreuzen, die über diesen Palast hinweggegangen ist."

Antonio Paolucci, Direktor der Vatikanischen Museen

1944 beherbergte Castel Gandolfo über 12.000 Menschen, die vor den blutigen Weltkriegs-Schlachten in Mittelitalien auf vatikanisches Territorium geflüchtet waren. Aus dem Schlafzimmer des Papstes wurde damals eine Entbindungsstation.

Jetzt ist gleich nebenan die Privat-Kapelle zu besichtigen, in der mit Benedikt XVI. und Franziskus erstmals zwei Päpste gemeinsam gebetet haben. Zu sehen sind unter anderem auch der Thron-Saal, die Bibliothek, das Arbeitszimmer … im Vorzimmer des Privat-Sekretärs steht noch eine kleine bayerische Flagge auf dem Schreibtisch. Seit Benedikt hat sich hier nicht mehr viel verändert. Wobei das Schönste an diesem Palast außerhalb der Mauern zu finden ist, meint Antonio Paolucci.

Der Palast und seine Innenhöfe, alles ist zugänglich.

"Durchquert ihn nicht in Eile. Die schönste Erfahrung, die man auf dem Gang durch Castel Gandolfo machen kann, ist es, von den Terrassen und aus den Fenstern, das Wunder der Natur zu betrachten. Ihr werdet das strahlende Blau des Wassers sehen und rundherum intakte Wälder. An den Füßen einer großen Eiche kann man sich die Wölfin mit den Zwillingen vorstellen. So hat die Landschaft des heroischen Roms ausgesehen. In diesem Stückchen Latium hat sie sich noch erhalten. Der große kulturelle Wert besteht darin, dass sich hier die Schönheit monumentaler Kunst in der Schönheit der Umgebung widerspiegelt."

Antonio Paolucci

Tourismuswerbung auf lyrische Art. Der Barista vom Parkplatz beschreibt die Lage etwas nüchterner.

"Das Museum ist eine Hoffnung. Jetzt brauchen wir ein bißchen, um zu kapieren, ob es funktioniert oder nicht."

Barista

Und außerdem, meint er, könnten es sich die Päpste ja irgendwann wieder anders überlegen und zurückkehren in ihre einst so geschätzte Sommerresidenz.


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Wanda, Sonntag, 23.Oktober 2016, 16:39 Uhr

1. Fern von der Ursprungs-Idee

Was wohl der arme Wanderprediger aus Nazareth dazu sagen würde ? Von wegen Ihr sollt die Ärmsten der Armen sein...