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Ladenhüter Lebensversicherung Der Klassiker hat ausgedient

Die Kapital-Lebensversicherung - das Lieblingsvorsorgeprodukt der Deutschen - wird wegen der geringen Zinsen unattraktiv. Und viele, die auf eine hohe Auszahlungssumme gesetzt haben, werden bitter enttäuscht.

Von: Karsten Böhne

Stand: 29.09.2016

Symbolbild: Lebensversicherung und Taschenrechner | Bild: picture-alliance/dpa

Vor 25 Jahren hat Herbert Mackert den Grundstein für seine Altersvorsorge gelegt. Mit seinem Vater hat er ein Mehrfamilienhaus in Nürnberg gekauft, finanziert mit einer klassischen Kapitallebensversicherung. Der Plan: Wenn die Versicherung übernächstes Jahr fällig wird, kann er damit den Kredit von rund 500.000 Euro bezahlen. So wurde es ihm damals in Aussicht gestellt. Doch stattdessen wird die Police wohl nur gut  300.000 Euro bringen.

Für ihn heißt das. Entweder das Haus verkaufen oder noch einmal 15 Jahre den Kredit abbezahlen. Von seinem Bankberater fühlt er sich über den Tisch gezogen.

"Es ist gesagt worden die Lebensversicherung verdoppelt sich in 25 Jahren und am Ende kommt der Zinseszinseffekt, da haben sie dann noch einen Überschuss, sie haben tilgen das Darlehen und haben noch einen steuerfreien Überschuss, wir sind da ins Messer gelaufen."

Herbert Mackert

Leitzinssenkung

So wie Herbert Mackert geht es vielen Verbrauchern. Sie haben bei der Kapitallebensversicherung auf eine stattliche Überschussbeteiligung gehofft. Doch die gibt es nur, wenn die Konzerne das Geld auch mit viel Gewinn anlegen können. Und das wird immer komplizierter. Ein Grund dafür ist die Politik der Europäischen Zentralbank. Die senkt seit vielen Jahren den Leitzins, um so die Konjunktur anzukurbeln. Doch ein geringes Zinsniveau heißt am Ende eben auch, dass den Sparern weniger bleibt. EZB-Chef Mario Draghi hat seine Niedrigzinspolitik gestern noch einmal verteidigt, beim Treffen mit Bundestagsabgeordneten in Berlin. Leidtragende sind die Anleger.

Garantiezins  auf Talfahrt

Der Garantiezins legt fest, was die Versicherer auf jeden Fall zahlen müssen, er richtet sich nach dem Zeitpunkt des Abschlusses. Der Rat der Verbraucherschützer lautet: Finger weg von Kapitallebensversicherungen.

"Auf dem heute sehr niedrigen Zinsniveau das wir erreicht haben lohnt es sich definitiv nicht mehr eine private Renten oder Kapitallebensversicherung abzuschließen. Mit 1,25 Prozent Garantiezins minus Kosten ab nächstem Jahr nur noch 0,9 Prozent, da findet man immer alternative Produkte die besser verzinst sind."

Merten Larisch, Verbraucherzentrale Bayern

Auflösung der Policen

Deshalb sollten Verbraucher ihre Versicherung von einem Experten überprüfen lassen. Vor allem bei neueren Abschlüssen seit 2012 kann es die beste Lösung sein, den Vertrag aufzulösen. Und direkt an die Versicherungsgesellschaft zurückzugeben. Oder man verkauft die Police auf dem Zweitmarkt. Hier sollten die Kunden darauf achten, dass sie an einen seriösen Anbieter geraten. Andere Möglichkeit: Sie führen ihre Versicherung bis zum Ende der Laufzeit fort, ohne weiterhin Beiträge einzuzahlen. Was am besten ist, muss im Einzelfall geprüft werden.

Tipp:

Statt einer Kapitallebensversicherung sollte man Todesfallschutz und Altersvorsorge trennen, also eine Risikolebensversicherung abschließen und davon abgekoppelt Geld fürs Alter anlegen.

Für Herbert Mackert kommt dieser Tipp zu spät. Er hatte sich damals auf seine Kapitallebensversicherung verlassen. Wenn sie in zwei Jahren fällig wird, plant er Bank und Versicherung zu verklagen, um an das Geld zu kommen, das ihm damals versprochen wurde.


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