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Polen Anfeindungen gegen Schwule

Jetzt wird ihnen doch ganz anders, jetzt wo sie zum ersten Mal die Hochzeitsanzüge anhaben, Jakob und Dawid wollen heiraten und zwar am 9.6.2017 – auf Madeira.

Von: Griet von Petersdorff

Stand: 09.07.2017 | Archiv

Jakob und Dawid in ihren Hochzeitsanzügen | Bild: BR

"Ich denke, dass es schon alleine durch die acht Jahre, die wir zusammen sind, ernst wird. Ich kann es mir gar nicht vorstellen, dass ich ihn bald 'Mein Ehemann' nennen werde. – Wirst du es echt tun? Ich weiß es nicht. – Ja klar. Überall! Auf der Straße. – Am Anfang lachen wir bestimmt!"

Jakub Kwiecinski und Dawid Mycek

Wenn schon, denn schon! Ein mexikanischer Stardesigner entwarf die Anzüge, damit der besondere Moment noch besonderer wird. Es ist kein leichter Weg für die beiden Polen. Vor allem für Jakub nicht. Seine Eltern kommen nicht zur Hochzeit. Die können nicht akzeptieren, dass ihr Sohn einen Mann heiratet.

"Ich glaube, sie lieben mich auf ihre Art."

Jakub

Jakub versucht irgendwie auch seine Eltern zu verstehen, aber er leidet.

"Doch, sie lieben mich und wollen für mich das Beste. Nur das, was sie für das Beste halten, ist für mich persönlich nicht das Beste. Doch sie denken, ich tue was Böses."

Jakub

So denken viele Polen. Es ist nicht leicht schwul zu sein in diesem konservativ geprägten Land, in dem die katholische Kirche eine große Rolle spielt. Es gibt keinen Platz für Schwule in der Kirche, und das stürzt sie in Gewissenskonflikte.

"Ich empfinde keine Bindung an die polnische Kirche. Ich denke, dass in der Kirche auch viele schlimme Sachen passieren und sie macht uns das Leben in Polen nicht leichter."

Dawid

"Das ist unser ewiger Konflikt, weil ich nämlich gläubig bin. Und manchmal gelingt es mir ihn in die Kirche mitzunehmen, aber nicht zur Messe. Ich gehe gern einfach so in die Kirche, setze mich hin und bete. Vielleicht bin ich naiv, aber ich denke, dass der Gott mich versteht. Wenn ich bete, sage ich ihm oft, dass er mir nicht böse sein soll, dass ich mit Dawid zusammen bin. Ich glaube, dass Gott sieht, dass ich gerade wegen unserer Liebe ein besserer Mensch geworden bin."

Jakub

Szene aus dem Clip

Dann diese Idee mit ihren selbst gemachten Musikclips, die sie bei Facebook posteten: unbeschwert, fröhlich, mit ernstem Hintergrund, auch ein Ende des Versteckspiels. Jedenfalls ihr Clip zu "Some other Summer" von der Rockband Roxette war so gut, dass die beiden zu einem Festival nach Schweden eingeladen wurden. Sie waren sehr stolz und verkündeten: "Wir werden heiraten. Im Juni."

Dann meinte die Moderatorin: wir haben eine Überraschung für Euch: Der Gitarrist von Roxette. Dawid und Jakub können es kaum fassen: "Sind Sie das wirklich?" – "Ja, ich bin‘s! Wir lieben Euer Video und wünschen Euch alles Gute für die Hochzeit."

Das sind so Ausflüge in die Leichtigkeit.

"Nein, wir fühlen uns nicht sicher in Polen. Soviel Hassreaktionen im Internet, die wir unter unseren Posts gesehen haben. Das gibt uns zu denken, dass vielleicht einer von den 100 oder 1000 hasserfüllten Leuten uns wirklich etwas zufügen will."

Dawid

Ein Skype-Gespräch mit der Familie von Dawid tut gut: sie freut sich auf die Hochzeit auf Madeira. Schwiegersohn? Schwiegertochter? Egal, meint Dawids Mutter: "Eine Mutter freut sich immer, wenn das Kind glücklich ist!" sagt Dawids Mutter. "Sagen sie bitte meinen Eltern, wie man das tut." meint Jakub.

"Mein künftiger Mann" steht auf den T-Shirts der beiden. Sie freuen sich auf ihre Hochzeit in Madeira, aber gleichzeitig ärgern sie sich, dass das nur im Ausland geht. Deshalb wollen sie am Wochenende demonstrieren. Es gibt nichts in Polen, nicht einmal eine eingetragene Partnerschaft. Und dann immer noch darauf achten, was die anderen denken?

"Manchmal zeigen wir unsere Gefühle, wobei man ein bisschen die Umgebung doch im Auge behält. – Ich denke gar nicht, dass es spontan ist. Wir machen das nie einfach so. Wir sehen uns immer um."

Dawid und Jakub

Der Warschauer Christopher Street Day ist vor allem eine bunte vergleichsweise eher brave Protestveranstaltung gegen die Politik, auch gegen die Kirche, die so viel Einfluss hat.
Die erste Parade für Dawid und Jakub: sie demonstrieren quasi im Quartett, gemeinsam mit Krzysztof und Grzegorz. Die klagen gerade vor dem EU-Gerichtshof für Menschenrechte, damit in Polen zumindest eine eingetragene Partnerschaft möglich ist, wenn schon keine Ehe.

"Wir möchten es einfach irgendwann in Polen machen. Wir bewundern zwar die Paare, die deshalb ins Ausland gehen, um ihr Glück zu vollenden. Aber wir warten darauf, dass es hier in Polen möglich sein wird."

Grzegorz Lepianka

Das Meer wirkt heute besonders blau an Madeiras Küste. Die Sonne scheint. Es ist wie gemalt so schön. Nichts stört außer ein Fussel am Revers.

"Ich, Jakub Arkadiusz Kwiecinski, möchte aus freien Willen eine Ehe schließen mit dem hier anwesenden Dawid Maximilian Mycek."

Jakub


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