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EU - Japan Freihandel geplant

Die Präfektur Chiba ist die Vorratskammer vor den Toren Tokios. Mit seinem Reis und Gemüse ernährt Yoichi Koshikawa die Megametropole. Damit das so bleibt, kämpft der 70-Jährige gegen die Politik von Premier Abe.

Von: Katharina von Tschurtschentaler

Stand: 30.07.2017 | Archiv

Ein Transparent mit der Aufschrift "JEFTA stoppen" | Bild: BR

Yoichi Koshikawa

Der macht gerade einen Deal mit Brüssel: Zölle auf importierte Lebensmittel aus der EU sollen fallen, auch auf Reis.

"Herrn Abe geht es darum, dass internationale Konzerne leichter Geschäfte machen können. Und wir Bauern zahlen den Preis dafür. Ich bin dagegen."

Yoichi Koshikawa, japanischer Reisbauer

Dagegen sind auch hier viele. Nur: Der Widerstand gegen Freihandel ist in Europa deutlich lauter. Mittlerweile haben die Demonstranten ihre Protestfahnen gegen CETA, das Freihandelsabkommen mit Kanada, eingerollt. Schlagzeilen über Chlorhuhn & Co. sind aus den Nachrichten verschwunden. Aber: Es gibt einen neuen Feind. Globalisierungskritiker nennen ihn JEFTA. Gemeint ist das Freihandelsabkommen zwischen Japan und der EU. Seit 2013 verhandelt Brüssel mit der japanischen Regierung. Es geht um viel: Produktexporte in Höhe von 60 Milliarden Euro pro Jahr; 600.000 Arbeitsplätze hängen nach Angaben der EU-Kommission an dem Abkommen.

Schwarzwälder Schinken

Die Knackpunkte: Japan will zollfrei Toyotas und Hondas exportieren, die EU will dasselbe für französischen Käse und Schwarzwälder Schinken. Den Gegnern des Abkommens sind Autos und Mozzarella ziemlich egal. Sie kritisieren weniger, was verhandelt wird, sie kritisieren das Wie, nämlich im Geheimen, hinter verschlossenen Türen. Das sei undemokratisch und habe mit gerechter Handelspolitik wenig gemein, sagt Ska Keller, Abgeordnete im Europäischen Parlament (EP):

"Die Kommission könnte zumindest ihre eigenen Angebote an Japan veröffentlichen. Das hat sie aber nur in ganz kleinem Umfang getan. Das andere ist intransparent. Wir als Abgeordnete haben Einsicht, aber wir dürfen nicht darüber reden. Demzufolge kann es keine öffentliche Debatte geben."

Ska Keller, EU-Abgeordnete, Grüne

Andreas Maurer

"Falsch!", sagt Politikprofessor Andreas Maurer. Es gibt sie sehr wohl, die öffentliche Debatte, nämlich in den Regierungen der Mitgliedsstaaten und im Europäischen Parlament:

"Wofür wählen wir denn das EP? Dafür, dass wir als breite Öffentlichkeit aus Gründen des Geheimschutzes nicht pausenlos Einsicht in diese Dokumente haben können, müssen aber unsere gewählten Abgeordneten Einsicht haben und darüber debattieren. Und sie tun das: seit 2012 über 40 Mal über nichts anderes debattiert als über Japan. Meine Empfehlung wäre schon, den EPlern ein bisschen zu vertrauen, dass das, was sie machen, auch richtig ist."

Professor Andreas Maurer, Politologe

Doch dieses Vertrauen fehlt und wird auch nicht gestärkt durch Kampagnen, die mit harten Parolen anklagen: demokratiefeindlich, fehlende Transparenz, schleichende Ausweitung der EU-Kompetenzen und dass durch den Handelsvertrag das "Vorsorgeprinzip" untergraben werde und deshalb die Grenzen offen seien für Hormonfleisch und Gen-Lebensmittel.

"Das Vorsorgeprinzip ist in den EU-Verträgen fest verankert und wird in keinem Handelsvertrag angefasst, auch nicht mit Japan."

Daniel Rosario, Sprecher EU-Kommission

Also kein Hormonfleisch, kein Gen-Essen?

"Nichts kommt nach Europa, was nicht unseren sehr hohen Verbraucherschutzstandards entspricht."

Daniel Rosario, Sprecher EU-Kommission

Eine Demonstration gegen TTIP

Das war bei den letzten Handelsverträgen übrigens auch schon so. Auch der Vorwurf der Intransparenz taucht immer wieder auf. Dabei kann es durchaus sinnvoll sein, gewisse Details hinter verschlossenen Türen auszuhandeln:

"Wenn man jetzt das alles öffnen würde, würden sich die beiden Seiten kaum bewegen können. Wenn ich es geschlossen lasse, kann ich den Indern oder den Japanern natürlich was anbieten: 'Also, wenn ihr im Vertrag bereit seid, das vielleicht innerhalb eines Zehnjahreszeitraums anzuerkennen, könnt ihr damit leben? Im Gegenzug wären wir bereit, unsere Automobilbranche früher zu öffnen, als das beabsichtigt ist.' Das ist ein Geben und Nehmen."

Professor Andreas Maurer, Politologe

Die Verhandlungen könnten noch transparenter sein:

"Aber der Preis, den man dafür zahlen müsste, wäre, dass es wahrscheinlich gar keine Handelsabkommen mehr geben würde."

Professor Andreas Maurer, Politologe

Yoichi Koshikawa würde sich darüber freuen, weil er nicht einsieht, dass die Regierung seinen Reis als Verhandlungsmasse missbraucht. Deshalb kämpft er weiter gegen den Freihandel. Doch sein Kampf ist sanfter.


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