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Belgien Fußball-Nachwuchs für Katar

Es sind die kommenden Stars für Premier League, Bundesliga, Weltmeisterschaften… Selbst gegen den FC Bayern haben sie schon gespielt, im Trainingscamp.

Von: Ralph Gladitz

Stand: 14.05.2017 | Archiv

Stadion KAS Eupen | Bild: BR

Doch wir sind hier nicht im Bernabéu-Stadion oder der Allianz-Arena, sondern bei der "Königlichen Allgemeinen Sportvereinigung" Eupen – belgisch-deutsches Grenzgebiet. Den Verein gibt es schon gute 70 Jahre, die meiste Zeit war er jedoch nur den unmittelbaren Nachbarn bekannt. Bis 2012: da begann das Märchen aus 1001 Nacht, mit viel Geld aus dem fernen Katar. Eine Agentur des Emirs kaufte die KAS Eupen, besser: beglich dessen sieben Millionen Schulden, denn der Verein war praktisch bankrott.

"Fünf Jahre schon, hat sich ja doch schon einiges getan seither."

Mike Notermans

Mike Notermans und Heinz Gesterblum

Plötzlich war Eupen in der ersten Liga. Für die Sportjournalisten vom Eupener "Grenzecho" ein Riesending:

"Das war vor fünf Jahren, das war die große Wende. Und wir hatten ja einige turbulente Jahre hier in Eupen gehabt. Wir hatten zuerst einen Investor aus Italien, dann einen Investor aus Deutschland. Und dann lag der Verein ja ziemlich am Boden finanziell. Und dann kam 2012 aus heiterem Himmel die Rettung."

Heinz Gesterblum, Sportredakteur Grenzecho

"Also, es sind alle Schulden bezahlt worden. Mittlerweile hat der Verein über 95 Angestellte, ist ja mittlerweile auch ein wirtschaftlicher Faktor auch hier in der Gegend. Für den Verein ist das aber auch finanziell und sportlich ein Glücksgriff gewesen."

Mike Notermans, Sportredakteur Grenzecho

Gerade mal 18.000 Einwohner hat Eupen, die Hauptstadt der deutschsprachigen Gemeinde Belgiens. Jeder hier kennt jeden. Ein kleiner, beschaulicher Ort in der belgischen Eifel. Wie gehen die Eupener damit um, dass die Kataris sich hier eingekauft haben?

"Ich glaube, in den ersten Wochen nach der Übernahme waren alle relativ skeptisch, selbst die treuesten Fans haben zurückhaltend reagiert, weil keiner so richtig wusste, was der neue Investor, beziehungsweise schon der dritte Investor mitbringt."

Mike Notermans

Jeder in Eupen fragte sich – was suchen die Kataris hier? Weshalb werden Millionen Euro investiert, in den Umbau des Stadions, neuen Rasen, und vor allem: neue Spieler, die meisten davon aus Afrika.

Andreas Bleicher

Andreas Bleicher weiß es. Er steuert das Projekt für die katarische Sportakademie "Aspire".

"Das Ziel ist, denen die Möglichkeit zu geben, hier den ersten Schritt in den Profifußball zu tun, sie weiter zu entwickeln, sich den Traum vom Profifußballer erfüllen zu können und diese Spieler eben weiter zu entwickeln, die katarischen Spieler, damit die eben für Katar in der Nationalmannschaft spielen, und anderen Aspire-Football-Team-Spieler, dass die die Wege in andere größere Clubs schaffen und dann auch für ihre Heimatländer, für ihre Nationalmannschaften spielen können."

Andreas Bleicher, Vorstand KAS Eupen / Berater Aspire Zone

Andreas Bleicher ist im Vorstand des KAS Eupen, vor allem aber berät er die Führung von "Aspire" in der katarischen Hauptstadt Doha, eines der weltweit größten Trainingszentren für Sportler. Skepsis ist er gewohnt:

"Dann heißt es: 'Ach, da kommen sie ja aus Arabien, die haben viel Geld, alles Öl, aber sonst haben sie wenig Plan.' Diese Vorurteile kommen in diesen großen Topf mit rein. Und dann kommt so was eben raus, dass alle denken: 'Ach, die müssen was Böses im Schild führen. Die müssen ja irgendeinen Grund haben, warum die das machen. Das kann ja nicht sein, dass die was Positives machen wollen.'"

Andreas Bleicher

Dabei werden mit den Mitteln der Kataris nicht nur WM-Spieler aufgebaut, auch der heimische Nachwuchs wird massiv gefördert, gut 700 Kinder und Jugendliche. Selbst der zweite Ortsverein, FC Eupen, erhält Unterstützung.

Kein Wunder, dass die meisten in Eupen das Engagement aus dem fernen Katar inzwischen begrüßen. Jeder Arbeitsplatz, jedes wirtschaftliche Engagement ist hier wichtig. Regelmäßig kommen international große Mannschaften mit ihren Anhängern zu Besuch, wie an diesem Abend der KRC Genk, Europa League-Teilnehmer. Die Fans kommen nach wie vor auf dem alten Schotterweg heran. Die Sicherheitsmaßnahmen halten sich in Grenzen, Massen werden nicht erwartet.

"Heute sind wir allein im Stadion."

Herbert Beissen

"Schönes Fußballstadion eigentlich…"

Manfred Van De Beek

… für knapp 8400 Zuschauer. Doch meist bleiben die Ränge so gut wie leer. Viele Eupener fahren lieber kurz über die Grenze zum Schauen, bei Borussia Mönchengladbach, Köln, Schalke. Die Spiele in Belgien ziehen weniger.

"Wenn wir so zu Auswärtsspielen fahren, wo wir selten mitfahren, wenn dann 20 Leute von Eupen für ein Auswärtsspiel an die Küste mitfahren, dann ist das schon eine Sensation. Das ist aber kein voller Bus, das ist ein halber Bus."

Herbert Beissen

Noch hat Eupen die Chance, sich für die kommende Europa League zu qualifizieren, zum ersten Mal in seiner Vereinsgeschichte. Ein spannendes Spiel.

"Wenn heute dann gegen den Tabellenführer verloren wird, dann könnte es schwierig werden."

Mike Notermans

Es geht also um alles im Spiel gegen den KRC Genk. Zumindest ein Unentschieden muss her. Doch Genk macht Druck, mit kräftiger Unterstützung ihrer angereisten Fans. Schon noch kurzer Zeit führt die Gastmannschaft – erwartungsgemäß. Entsprechend die Stimmung im Vereinslokal. Da ist die parallel laufende Partie Bayern gegen Dortmund um den Einzug ins Pokalfinale schon spannender.

Was die Anzahl der ausländischen Mitspieler betrifft, übertrifft Eupen sogar den FC Bayern:

"Spielt da überhaupt noch ein Belgier mit?"

Reporter

"Die Nummer 19 ist sogar einer aus unserer Gegend. Die 10 ist ein Spanier, ja und der Rest ist aus Afrika."

Manfred Van De Beek

Die KAS Eupen kämpft, zuerst in der Abwehr, dann endlich auch nach vorne. Das Ausgleichstor: KAS Eupen und der KRC Genk trennen sich unentschieden.

"Wir können zufrieden sein, aber müssen leider feststellen, dass die europäischen Spitzenmannschaften wie Manchester, Barcelona leider noch ein Jahr länger auf Eupen warten müssen."

Herbert Beissen

Aber einer wird ziemlich sicher international spielen, 2022 bei der Fußballweltmeisterschaft in Katar:

"Der Kleine, die Nummer 3 ist ja ein Katerer. Wenn er bei Eupen bleibt, hat er noch fünf Jahre Zeit, sich zu entwickeln, und versucht dann vielleicht, in die Mannschaft reinzukommen."

Manfred Van De Beek

In die katarische Nationalmannschaft. Und auch Spieler aus Senegal, Nigeria und der Elfenbeinküste könnten es zur WM in Katar 2022 schaffen, aufgebaut in der belgischen Provinz.


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