BR Fernsehen - EUROBLICK


2

Euro-Porträt Barbara Lochbihler

Es ist dieser Blick in die Ferne, der die Architekten in Straßburg inspiriert hat. Das passt zu einer Politik, die Europa mit der Welt verbindet. Barbara Lochbihler lebt das jeden Tag, seit sie 2009 für die Grünen ins Europaparlament gewählt wurde.

Von: Stephan Mayer

Stand: 23.07.2017 | Archiv

Europäisches Parlament | Bild: BR

Und ihr Thema sind die Menschenrechte:

"Also, in meiner Biografie habe ich mich immer mit Krieg und der Nachkriegszeit beschäftigt. Insofern ist das nur konsequent, was ich hier mache."

Barbara Lochbihler

Sitzungswochen sind Stresswochen: 750 Europaabgeordnete auf Achse in einem gigantischen Gebäude, auf Kilometer langen Wegen. Alle zusammen sind sie Europas Stimme und direkt vom Volk gewählt.

Barbara Lochbihler

Barbara Lochbihler ist heute unterwegs in Sachen Jemen. Sie war dort, hat gesehen, wie der Bürgerkrieg tobt, und festgestellt, dass das in Europa kaum jemanden interessiert. Deshalb kämpft sie jetzt für eine Resolution.

"Der Jemen ist in einer so schlechten Situation, dass er also einer der Länder ist, bei denen die Menschheit und die internationale Gemeinschaft wieder mal versagt, weil hier Menschen an Hunger sterben."

Barbara Lochbihler

Seit 2015 kämpfen Rebellen und eine von Saudi-Arabien angeführte Allianz um Öl, Bodenschätze und Einfluss in der arabischen Welt. Leidtragende des Bürgerkrieges ist die Zivilbevölkerung, darunter zwei Millionen Kinder. Die humanitäre Hilfe ist in vollem Gange. "Vor allem aber keine Waffen mehr an Saudi-Arabien liefern", sagt Barbara Lochbihler. Dafür müsste das Europaparlament einstehen. Aber auf der parteiübergreifenden Vorbesprechung findet sich dafür keine Mehrheit:

"Was mich jetzt heute irritiert, ist, dass wir im Februar 2016, das ganze Parlament eigentlich gefordert hat, man muss einen Waffenstopp nach Saudi-Arabien initiieren, was uns Mitgliedstaaten bindet, aber auch weltweit. Und dass man hinter diese Position zurückgeht, das ist jetzt ein bisschen meine Angst."

Barbara Lochbihler

Barbara Lochbihler mit einer Besuchergruppe

Zwischendurch ein kurzer Bürotermin: Wieder geht es um Menschenrechtsverletzungen, diesmal in Kambodscha. Barbara Lochbihler hat Informationen von einer Reise mitgebracht; die müssen verarbeitet und weitergegeben werden, damit das Europaparlament das Thema auf die Tagesordnung setzt. Plötzlich ein Anruf: Die Grüne soll die Besuchergruppe einer CSU-Abgeordneten übernehmen, und sagt spontan zu. Gegenseitige Hilfe, auch parteiübergreifend, ist in Straßburg selbstverständlich. Für Barbara Lochbihler heißt das: Umschalten auf den Erklärmodus. Was macht das Europaparlament: Aufgaben, Zusammensetzung, aktuelle Themen. Es geht um Umweltschutz, Donald Trump und den Brexit. Und um die Haltung der europäischen Volksvertreter dazu. Für Parteipolitik ist da kein Platz.

Daniel Cohn-Bandit

Danach gleich weiter zur Sitzung der Fraktion aller Grünen im Europaparlament. Unterwegs treffen wir deren ehemaligen Vorsitzenden: Daniel Cohn-Bandit. Für Grüne und Linke in Europa ist er eine Kultfigur:

"Na ja, die Barbara ist ja eine harte Kämpferin für die Menschenrechte und die sind sozusagen das Herz der Europäischen Union. Und deswegen war das immer ein Vergnügen mit ihr zusammen zu arbeiten. Manchmal ist es ein wenig schwierig, weil sie auch eigen ist, aber das macht ja eine Abgeordnete aus…"

Daniel Cohn-Bandit

Das Ostallgäu als Kontrastprogramm zur Europahektik: Weit weg von den Problemen im Jemen und in Kambodscha, Heimat zum Nachdenken und Kraft tanken, mit dem Märchenkönig in der Nachbarschaft.

"Also, ich hatte eine Tante in Alterschrofen mit der Terrasse und dem Balkon direkt auf die Königsschlösser. Und jeden Sommer oder mindestens vier bis fünf Mal im Jahr habe ich König Ludwig und Sissi gespielt, mit meiner Cousine."

Barbara Lochbihler

Viel Zeit für Erinnerungen ist diesmal aber nicht. An diesem Wochenende: Treffen mit allen Mitarbeitern. Es geht um den Kurs für das nächste Jahr und um den Kontakt zu den Menschen in Bayern. Und weil die bayerischen Grünen im Europaparlament nur einen Sitz haben, trägt Barbara Lochbihler parteipolitische Verantwortung für ganz Bayern.

Zwischendrin: Arbeit an der Basis, Regionalmesse in Kaufbeuren, dort, wo sich die heimische Wirtschaft präsentiert. Hände schütteln und zuhören. Die Themen reichen von der Schwimmsicherheit für Kinder bei der Deutschen Lebensrettungsgesellschaft, über gentechnikfreie Landwirtschaft bis hin zu erneuerbaren Energien. Barbara Lochbihler hört geduldig zu. Im Kopf aber sind die Bilder vom Jemen und von Kambodscha. Hauptsächlich dafür reist sie durch die ganze Welt als Vorsitzende des Unterausschusses für Menschenrechte im Europaparlament.

In dieser Funktion wollte sie den Hinweis auf die Schuldigen im Jemen und die Rolle der Waffenlieferungen an Saudi-Arabien per Änderung doch noch in die Resolution bringen. Abgelehnt! Heraus kam Unverbindliches in einer Resolution, die humanitäre Hilfe befürwortet und den Bürgerkrieg verurteilt. Von oben betrachtet ist das nicht viel. Aber, so sagt Barbara Lochbihler, wenigstens konnte ich mithelfen, dass das, was im Yemen geschieht, nicht völlig übersehen wird.


2