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Ungarisches Fernsehen Das Káli-Becken am Plattensee

Nur zehn Kilometer nördlich des Plattensees beginnt das Káli-Becken, benannt nach der Sippe der "Kál", die im frühen Mittelalter diese Region in Besitz genommen hatte. Neben dem Trubel der "Badewanne Ungarns" befindet sich hier ein vom modernen Leben nahezu unberührtes Land.

Von: Zsuzsa Sári

Stand: 30.08.2015 | Archiv

Kál-Becken | Bild: BR

"... es ist, als wäre die Erde hier heller und wärmer. Das Sonnenlicht ist weißer, fast so weiß, wie über dem Mittelmeer. Und das Licht durchdringt auch den Menschen, es leuchtet in die Dinge hinein und auch der Geschmack des Obstes ist heller..." So beschreibt der Dichter und Philosoph Béla Hamvas die Schönheiten der mediterranen Landschaft im Káli-Becken im Plattenseer Hochland. Dieser romantische Teil der Provinz Pannonien birgt wie eine riesige Schatztruhe Sehenswertes und geologische Raritäten.

Die Schönheit des Káli-Beckens nahe dem Plattensee hat schon den Vorfahren der Ungarn zur Zeit der Landnahme begeistert. Hier hat sich das Volk Kál niedergelassen, das dem Tal den Namen gab. Das Bild des Káli-Beckens und der umgebenden Basaltberge hat sich seither zwar ein wenig verändert, dennoch bewahrt die Landschaft einige ihrer uralten Züge. Die traditionelle Landwirtschaft nutzte die von der Natur gegebenen Umstände: die satten Wiesen und die Hochebenen der Basaltberge boten Weideflächen für die Tierhaltung. An den Berghängen hingegen wurde Wein angebaut. Die Fachleute im Nationalpark Plattenseer Hochland sehen ihre Aufgabe darin, möglichst viel davon für kommende Generationen zu erhalten.

Julianna Sárdy

Am Rande von Szentbékkálla werden die Besucher von bizarren Felsen erwartet.

"Als hätte im Káli-Becken ein Riese da und dort ein paar Tränen vergossen, und diese Tränen bilden neun große und einige kleine Steinerne Meere."

Julianna Sárdy, Touristik-Mitarbeiterin, Nationalpark Plattenseer Hochland

Das Steinerne Meer

Das Steinerne Meer ist entstanden, als zur Zeit der vulkanischen Aktivität in dieser Gegend Thermalquellen aufbrachen und das heiße Wasser den weißen Sand, der hier lag, zu harten Steinanhäufungen zementierte. Wind, Niederschläge und Erosionen haben diese Anhäufungen weiter geformt.

Vor zirka zehn Millionen Jahren war diese Landschaft noch vom Pannonischen See bedeckt, der so tief war, dass nur Berge herausragten, die höher als 300 Meter waren. Die Tierwelt des mächtigen Sees war überaus reich. Hier lebte auch die Dreikantmuschel, auf deren Überreste man sogar heute noch stoßen kann.

Das Káli-Becken ist geologisch gesehen innerhalb des Plattenseer Hochlandes die abwechslungsreichste Landschaftseinheit und auch innerhalb Ungarns einzigartig. Richtung Süden, zum Plattensee hin, bilden rote Sandsteinberge die Grenze. Auch weißer Dolomit und Kalkstein kommen hier vor, und aus der vulkanischen Tätigkeit zurückgebliebene schwarze Basaltkegel sind ebenfalls Teil der Landschaft. Diese vielfarbigen Gesteine bilden das rote, weiße und schwarze Gesicht des Káli-Beckens.

"Dieses Gebiet ist frei zugänglich. Unser Ziel ist es, diese Naturschutzgebiete präsentieren zu können. Deshalb haben wir am Ufer des Kornyi Sees einen Lehrpfad angelegt, auf dem Besucher viel kennenlernen und sich erholen können. Auch auf diesem Hügel, wo die Statuengruppe von Imre Veszprémi zu sehen ist, sitzen Touristen stundenlang, schauen auf den See hinaus oder betrachten die Schönheiten der Steppe."

László Vókó, Naturparkaufseher, Nationalpark Plattenseer Hochland

Heimat der Ziesel

László Vókó

Auch in die Steppen rund um den Kornyi-See bringt der Sandstein Farbe. Ein sehr charakteristischer und bei den Touristen äußerst beliebter Bewohner dieser Landschaft ist das Ziesel. Diese Löcher hier sind die Eingänge zu den Zieselkolonien. Die Tiere tragen zum Naturschutz bei: Auf diesen Flächen müssen Schafe weiden. Wenn es Wiesen mit kurzem Gras gibt, kommt auch das Ziesel. Und wenn das Ziesel hier ist, ist auch die Nahrungsgrundlage für unsere zwei großen Vögel gegeben: den Kaiseradler und den Würgfalken.

Salföld

Seit den 70er Jahren haben mehr und mehr Künstler das Káli-Becken für sich entdeckt und viele blieben für immer mit der Landschaft und den gerade damals menschenleer gewordenen Dörfern verbunden. Kaum fünf bis zehn Kilometer vom damals schon teuren Pflaster der Feriendomizile am Plattenseeufer entfernt wurde die Gegend rund um Kékkút, Köveskál, Kővágóörs und Salföld langsam aufgewertet und attraktiv gemacht.

László Petrovics und seine Frau Mária Kúti hatten einen großen Einfluss darauf, in welchem Geist die neuen Bewohner von Salföld ihre alten Bauernhäuser erneuern. Als Architekten konnten sie sie nämlich überzeugen, in einem Maßstab zu denken, der an die Größenordnung des Dorfes angelehnt ist, die Häuser so zu planen, dass sie nicht die Proportionen des Dorfes erdrücken und das einheitliche Straßenbild erhalten bleibt. Dem ist wohl auch zu verdanken, dass heute Salföld von vielen für das schönste Dorf Ungarns und für ein authentisches Freilichtmuseum angesehen wird.

Auf Ausflügler, die nach Salföld kommen, wartet eine ganze Reihe von Erlebnissen. Zwischen den Bäumen des nahen Waldes ragen die Ruinen des mittelalterlichen Paulinerklosters Maria Magdalena hervor. 200 Jahre lang lebten hier die Mitglieder des einzigen Ordens, der von einem Ungarn gegründet wurde, die Weißen Brüder. Die Reste des gotischen Bauwerkes wurden in den 60er Jahren restauriert.

Die Graurinder

Bei der Naturschutztätigkeit von Lebensräumen in Graslandschaften spielt das in Herden gehaltene ungarische Graurind heutzutage eine große Rolle.

"Diese Tiere standen praktisch vor dem Aussterben. Noch am Anfang des 20. Jahrhunderts gab es einen beachtlichen Bestand, ganz zu schweigen von den Graurindermengen im 17. Jahrhundert, die in den Westen getrieben wurden. Danach hatten sie immer weniger Bedeutung."

Gábor Barcza, Mitarbeiter im Nationalpark Plattenseer Hochland

Die Nationalparks erhielten die Aufgabe, diese urheimischen Tierarten, konkret auch Hunderassen, als Genbank und zur Genbewahrung der nächsten Generation zu vererben.

Im Káli-Becken leben 200 Graurinder. Eine Herde beispielsweise sorgt auf der Sásdi-Wiese dafür, dass der Lebensraum der Mehlprimel erhalten bleibt.

Kékkút liegt im nordwestlichen Teil des Káli-Beckens. Es besteht aus einer einzigen kleinen Straße und den Weinkellern auf den umliegenden Hügeln. Die Zahl der Einwohner beträgt kaum 80.

In antiker Tradition

Ausgrabungen und Funde weisen darauf hin, dass die römische Straße von Italien nach Aquincum hier verlaufen ist. Man sagt, die Sauerwasserquelle außerhalb des Dorfes sei das Lieblingsgetränk der byzantinischen Kaiserin Theodora gewesen. Das Mineralwasser von Kékkút, dem der Ort seine Berühmtheit verdankt, wird seit Anfang des 20. Jahrhunderts in Flaschen abgefüllt. Laut einem aus dieser Zeit stammenden Kurortführer wird es von Ärzten bei Zuckerkrankheit, Blutarmut, Nierenleiden und allen Arten von Verdauungsstörungen empfohlen. Bei der Internationalen Ausstellung 1912 in Paris erhielt es als bestes Mineralwasser die Goldmedaille.

Als Zentrum des Káli-Beckens gilt heute Köveskál, wo die uralten Weinbautraditionen zu Hause sind. Im Mittelalter waren die hiesigen Weinbauern die Hofweinlieferanten der Könige aus dem Hause Árpád. Als Gegenleistung genossen sie Steuerfreiheit.

Der Hegyestű ist der Torwächter des Káli-Beckens: Neben dem Berg führt die vom Plattensee kommende Hauptstraße vorbei.

"Es sieht so aus, als hätte jemand ein Stück vom Berg abgebissen. Der Grund dafür ist, dass bis Ende der 70er Jahre intensive Basaltförderung betrieben wurde. Dann setzte man den Abbau nicht mehr fort, weil man die Landschaftsnarbe auch schon vom Plattensee her sehen konnte. Von diesem kegelförmigen, kleinen Berg fehlt schon sehr viel. Das war qualitativ hochwertiger Basalt, der an vielen Orten als Pflasterstein verwendet wird."

JuliannaSárdy, Touristik-Mitarbeiterin im Nationalpark Plattenseer Hochland

Auf der Halbinsel Tihany wurde schon in den 1920er und 30er Jahren in großem Ausmaß Lavendel gezüchtet, um das Öl der Pflanze zu gewinnen. Nach dem Zweiten Weltkrieg änderte sich alles und mit der Verstaatlichung des Gebietes geriet auch die Lavendelzucht in den Hintergrund. In den 90er-Jahren dann, als der Nationalpark begann, zu retten, was noch zu retten war, blieben von den 100 Hektar etwa 15 bis 20 Hektar übrig.

(Dieser Text ist eine stark gekürzte und redaktionell bearbeitete Fassung des Sendungsmanuskripts, das Sie hier auch herunterladen können.)

Sendungsmanuskript Format: PDF Größe: 85,03 KB


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