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RAI-Südtirol Der 1. Weltkrieg aus erster Hand

Es war nicht nur ein Krieg der Waffen, es war ein Krieg der Worte, der Propaganda, der Bilder. Ein Krieg an der Front und ein Krieg im Hinterland. In seiner Alltaggeschichte finden sich die kleinen und emotionalsten Spuren des "Großen Krieges".

Von: Verena Gruber

Stand: 18.10.2015 | Archiv

Karten mit europäischen Regenten | Bild: BR

Claudia Sporer Heiss

In einer Sammelaktion gelangten noch nie gesehene Erinnerungsstücke als Leihgaben ins Ferdinandeum.

"Wir haben die Bevölkerung gebeten, Erinnerungsstücke an den Ersten Weltkrieg vorbeizubringen. Der Zuspruch war groß, es kamen mehr als 200 Personen mit Objekten und Schriftstücken. Die meisten davon sind ausschließlich in dieser Ausstellung zu sehen."

Claudia Sporer Heiss, Kuratorin 'Front Heimat', Ferdinandeum Innsbruck

Eine Gitarre von der Dolomitenfront, beschriftet und bemalt von den Kameraden, eine Schrapnellkugel in der Zigarettenschachtel, die dem Soldaten das Leben rettete – Objekte aus dem Frontalltag. Für den Aussichtsposten und den Unterstand Kleider aus Papier und Kunstgarn, eine Kochkiste aus Holz für die eintönige Küche in den vom Hunger geprägten Kriegsjahren. Feldpost und Fotos, hoffnungsvoll geschrieben und zensuriert, ein Sprachführer für den Österreicher, ein Weltkriegsfächer für die Verehrung der Monarchen. Die rege Erinnerung der Bevölkerung an den Ersten Weltkrieg hat auch viele Historiker überrascht.

Die Ausstellung beginnt mit dem Alltag im Kronland Tirol am Vorabend des Krieges. Die Wirtschaft blüht, die Mobilität nimmt zu, die Menschen fahren Rad, Auto, mit dem Zug und mit der Seilbahn. In diese Idylle bricht der Erste Weltkrieg herein. "An meine Völker" schreibt der Kaiser am 23. Mai 1915 und spricht vom Verrat Italiens an der Monarchie. Die Bilanz: 27.000 Tiroler Gefallene im Schützengraben, an der Front in Fels und Eis, in den Lazaretten. Die Spuren des ersten Weltkriegs in Tirol reichen bis heute herauf.

"Das alles ist im heutigen Bundesland Tirol und in Südtirol noch viel präsenter als in anderen Bundesländern Österreichs, als die Herauslösung Südtirols aus dem Gebiet des früheren Kronlandes Tirol sicher noch als ein offenes Trauma anzusprechen ist."

Gunda Barth Scalmani, Historikerin

Günther Dankl

Die Tiroler Künstler stehen dem Krieg anfangs positiv gegenüber. Sie malen Soldaten als Helden vor beeindruckender Bergkulisse oder mit Gewehr stehend mit Blick in die Ferne. Der große Albin Egger Lienz bildet hier keine Ausnahme.

"Der Künstler Egger Lienz hat als harmloser Maler von Kriegspostkarten begonnen. Doch dann der Wandel, 1918 entsteht das erschütternde Bild: Das Finale."

Günther Dankl, Kustos Ferdinandeum Innsbruck

Das Finale von 1918 – eine Abrechnung mit dem Krieg: Leichenteile, am Boden liegend, verrenkt, in düsterer Farbgebung. Die Ausstellung "Front Heimat" spannt den Bogen mit einem nicht alltäglichen Blick von der großen Kunst bis zum kleinen Erinnerungsstück.


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