BR Fernsehen - Alpen-Donau-Adria


0

RAI-Bozen Neue Gletscherfunde durch den Klimawandel

Der Klimawandel stellt auch die Archäologie vor neue Herausforderungen. Die steigenden Temperaturen setzen nämlich den Gletschern zu – selbst in großer Höhe.

Von: Markus Perwanger

Stand: 02.11.2014 | Archiv

Das Archäologiemuseum in Bozen | Bild: BR

Was dort lange Zeit im Eis verborgen lag, kommt mit der Gletscherschmelze wieder zum Vorschein.

Eine Ötzi-Rekonstruktion

Das Archäologiemuseum in Bozen: Hier liegt Ötzi, der Mann aus dem Eis, in seiner Kühlzelle. Und so soll er ausgesehen haben, vor deutlich mehr als 5000 Jahren. Ötzi ist und bleibt der Star des Hauses, doch seine Geschichte wird in jüngerer Zeit ergänzt und reicher, denn durch den Gletscherschwund tauchen und tauen außergewöhnliche Objekte auf.

Günther Kaufmann

Und so entstand ein neuer Zweig der Geschichtsforschung – die Gletscherarchäologie:

"Wir müssen umdenken. Die Archäologie hat ein neues Feld zu bearbeiten. Der Archäologe kann sich nicht mehr nur auf Tallagen oder auf das Mittelgebirge konzentrieren. Jetzt wird das Hochgebirge interessant mit Fundstellen auf 3000 Meter Höhe. Auch dort können Sensationsfunde auftauchen."

Günther Kaufmann, Archäologe, Bozen

Die Archäologen haben bislang hauptsächlich im Erdreich gegraben und Epochen erforscht. Jetzt rücken sie immer öfter mit Dampfstrahler und Schneeschaufel aus, um auf über 3000 Meter Höhe vielversprechende Funde zu sichern. In vielen Fällen stammen die Hinweise von aufmerksamen Alpinisten, die hier vorbeikamen.

Schneestrümpfe und Socken aus dem Eis – sie wurden auf einem Gletscher im Nordosten Südtirols gefunden – und sind 2800 Jahre alt, sagen die Spezialisten.

In den Bergen wurde seit jeher Krieg geführt und gekämpft: Die Römer waren hier, Stämme aus dem Norden fielen ein und Ende des 16. Jahrhunderts, vor 450 Jahren etwa, hat es einen Söldner in die Berge verschlagen. Er kam nicht mehr zurück.

Einem Jäger aus Matrei in Osttirol wurde der Gletscher ebenfalls zum Verhängnis. Er fiel vor 200 Jahren am Großglockner vermutlich in eine Gletscherspalte – samt Vorderlader, Spindeluhr und Taschenmesser.

Zugegeben, ein Ötzi wird kaum zu überbieten sein – doch weitere Sensationsfunde sind nicht auszuschließen.

"Man kann aber davon ausgehen, dass weitere bedeutende Funde möglich sind. Auf einem Joch in der Schweiz wurden ja bereits spannende Objekte aus der Kupferzeit gefunden."

Günther Kaufmann, Archäologe, Frozen Stories

Die Sonderschau des Ötzi-Museums beschreibt die Entstehung der Gletscher und die Klimageschichte über Zehntausende von Jahren. Die zentrale Frage dabei: Was hat die Menschen in die Bergregion verschlagen? Es waren Jagd und Abenteuer, Handel und Weltkrieg.

Diese Gebirgskanone, ein Sieben-Zentimeter-Geschütz, stand bis 1918 am höchsten Gipfel an der italienisch-österreichischen Front in Fels und Eis, am Ortler.

Klimawandel: Eis und Dürre, Hitze und Frost wechseln sich im Spiel der Erdzeitalter offensichtlich regelmäßig ab. Und erzählen so immer wieder Frozen Stories, Geschichten aus dem Eis.


0