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BR Heiß begehrte Glockenkunst aus Tirol

Mitten in den Tiroler Bergen, in der Altstadt von Innsbruck, steht die Glockengießerei Grassmayr.

Von: Michael Appel

Stand: 07.05.2017 | Archiv

Glockenguss | Bild: BR

Die riesige Glocke muss nur noch gefeilt und gebürstet werden, dann kommt sie nach Bukarest. Peter Grassmayr, einer der beiden Eigentümer: Er ist der Techniker in der Firma.

Feinarbeiten sind heute allerdings Nebensache. In zwei Schichten werden in den nächsten Stunden neun Glocken gegossen.

Johannes Grassmayr

Diese Gießerei gibt es seit 1599. Seitdem wird Erz für Glocken geschmolzen und dann in eine Form aus Lehm gegossen. Gemischt wird der Lehm so wie ehedem, selbst wenn anderswo im Betrieb Mikrophone und Computersimulationen verwendet werden. Diese Mischung von alt und neu kommt bei den Kunden an.

"Einmal im Monat haben wir einen sehr großen Glockenguss, wo wir immer die großen Glocken für viele verschiedene Länder gemeinsam gießen. Und so auch heute. Wobei es für mich auch etwas Besonderes ist und eine Herzensangelegenheit: Heute gießen wir das erste Mal für Myanmar in Asien. Das Erstaunliche ist, ich meine: wir kommen aus einem katholischen Bereich, es ist fast wie ein Wunder: Die vergangenen zwei Jahre haben Geistliche aus acht verschiedenen Konfessionen bei uns in Tirol Glocken in Auftrag gegeben."

Johannes Grassmayr, Miteigentümer der Firma und Bruder von Peter

Bevor das Erz glühend heiß ist, noch ein Blick in die Verzierungsabteilung. Um das rote Wachs mit seinen vielfältigen Motiven wird die Gussform aus Lehm bebaut. Dann wird das Wachs weggeschmolzen, und so können sich beim Guss die Verzierungen absetzen. Luther sowie Maria in katholischer und orthodoxer Variante. Es ist ein Haus der Weltreligionen – mit zehn Konfessionen.

Zum Ritual beim Gießen gehört das Anzünden von Kerzen und ein gemeinsames Gebet.
Eine Glocke soll mindestens 500 Jahre halten. Es ist ein historischer Moment für jede Pfarrgemeinde.

Die Gießerei der Gebrüder Grassmayr hat mit vielen technischen Innovationen eine bedeutende Stellung auf dem Weltmarkt errungen.

Zuerst wird die Bronze zusammengerührt, ganz traditionell mit einem Holzstab als Kochlöffel. Dann kommt sie aus dem Schmelzofen in kleine Gusskübel und wird anschließend in die Lehmform gegossen.

Die beiden Brüder haben herausgefunden, dass es besser ist, wenn dabei das Erz durch einen Keramikfilter und dann durch eigene Leitungen in die Form läuft. Und zwar so, dass das Erz langsam über die Leitungen von unten nach oben ansteigt. Ihr Ziel ist es, nicht irgendwelche Glocken zu gießen, sondern die Stradivari unter den Glocken zu entwickeln.

Ob der Guss gelungen ist, wird sich später zeigen. Erst nach zwei Wochen können Glocken aus der Form genommen werden. Aber die Glocke vom Guss im letzten Monat macht große Hoffnung, dass auch dieses Mal wieder alles gut gegangen ist. Immerhin heißt es solange aber noch: hoffen und beten.


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