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ADA-Spezial Der Möbelkünstler Antal Sprok

"Möbelskulpturen" - so nennt Antal Sprok seine Objekte. Ihn berührte der Zauber des Holzes schon in der Kindheit. So machte er im Ungarn der Sowjetjahre eine Ausbildung in der Holzindustrie, arbeitete kurze Zeit in einer Möbelfabrik, bis er sich als künstlerischer Autodidakt selbständig machte.

Von: Zsuzsa Sári

Stand: 28.08.2016 | Archiv

Möbelobjekt | Bild: BR

"Ich war bei vielen Ausstellungen im Ausland, vor allem in Deutschland. Aber am liebsten stelle ich an Orten aus, zu denen ich eine emotionale Bindung habe. Das ist vor allem mein Geburtsort, Nagymágocs. Als Kind verbrachte ich viel Freizeit hier in diesem Park. Schon mit neun Jahren zeichnete ich Landkarten mit den Namen der Bäume im Schlossgarten und der Bezeichnung der anderen Gebäude. Hier sind wir in einem kleinen Buxuswald, diese Pflanzen kennt man normalerweise als Büsche. Ich schätze, die hier sind 80 bis 90 Jahre alt, aber wenn wir weiter gehen, diese dickeren Exemplare, die sind schon so 150 Jahre alt, einen Buxus in dieser Größe sieht man selten. Er ist schon deshalb eine ganz besondere Pflanze, weil er nur wenige Millimeter große Jahresringe hat und aus einem äußerst dicht strukturierten, hellgelben Material ist. Beim Schnitzen ist das, als würde man einen Knochen schnitzen."

Antal Sprok

Antal Sprok

Besonders geprägt hat seine künstlerische Entwicklung neben seinen Eltern Pater Felician: Er lud den jungen Sprok zu einer Ausstellung im Pfarrhaus ein. Das Ergebnis war die erste Montage: Briefmarken auf einen großen Karton und Zeichnungen dazwischen.

Der Weg zur Kunst

Antal Sprok arbeitete später bei einer Möbelfabrik in Csongrád und fertigte aus Pressspanplatten Kisten und Elemente für Küchenmöbel. Maschinen besaß er keine, nur sein Handwerkzeug. Dann half ein Freund beim Bau einer Tischlerkreissäge – Grundlage für alles Weitere. Bei einem Austauschprojekt in der Sowjetunion kaufte Sprok im Kaufhaus GUM die ersten Meißel und er begann, selbst entworfene Kleinmöbel herzustellen.

"Vor 30 Jahren sind wir nach Budapest gezogen, und der primäre Aspekt war, dass wir aus Geldmangel ein Haus planen, das ich selber bauen kann. Langsam sind dann die Überlegungen so weit gereift, dass wir sagten, auch die Wände sollen aus Holz sein."

Antal Sprok

Über 60 Kubikmeter Holz wurden im Haus verbaut. Sprok konstruierte eine Vorrichtung, mit der er selbst die schwersten Balken allein in große Höhen heben konnte.

Möbelbauen als Brotberuf

Mit einem ehemaligen Studienkollegen aus Sopron baute Sprok auf Bestellung Möbel, angefangen von Küchenmöbeln bis zu Wohnzimmer- und Kinderzimmermöbel. Dabei erlernten sie das Handwerkliche, die Handgriffe des Tischlers, und nebenbei beschäftigten sie sich mit Innenarchitektur.

"Als meine Tochter klein war, verbrachten wir viel Zeit in der Werkstatt, und wenn ich arbeitete, spielten wir, dass wir eine gemeinsame kleine Firma haben. Wir können sehr gut zusammenarbeiten, sie ist sehr kritisch und wir akzeptieren gegenseitig unsere Meinung. Sie hatte so ihre Wünsche, zum Beispiel wollte sie immer ein Himmelbett haben. Wir haben schon vor 15 Jahren die Abmachung getroffen, dass selbstverständlich ich die Möbel machen werde, wenn sie einmal eine eigene Wohnung hat. Eine Vorgabe war, dass die Möbel aus dunklem Holz sein mussten."

Antal Sprok

Künstlerischer Durchbruch

Antal Sprok in der Werkstatt

Sprok spürte allerdings, dass die Auftragsarbeit für Möbel ihn nicht zufriedenstellte. Er begann mit figuralen Schnitzarbeiten, schnitzte am Anfang kleine Tierfiguren. Noch konnte er nicht wissen, dass er damit später seinen Lebensunterhalt bestreiten würde. So ergab sich nach ein paar Jahren, dass er seine Erfahrungen aus dem Möbelbau und die figuralen Schnitzarbeiten aus der Kindheit mit der Affinität zur Kunst verbinden konnte. Die erste Möbelskulptur entstand für eine Kölner Ausstellung.

"Beim ersten Mal durften wir bei dieser Ausstellung, nicht nur aus Ungarn, sondern aus ganz Osteuropa, zu zweit ausstellen, und zwar im Avantgarde-Pavillon. Unser Stand war ganz am Ende eines kleinen, engen Ganges, direkt neben dem WC. Das hatte aber, wie sich später herausstellte, auch Vorteile, weil bei einer Ausstellung viele das WC aufsuchen. Wir waren schon aufgeregt, ob überhaupt jemand stehen bleibt und unsere Objekte anschaut. Zum Glück verkaufte ich dort meine erste Möbelskulptur um gutes Geld, und da kam mir plötzlich der Gedanke, dass ich einmal von dem leben werde können, was ich wirklich von Herzen gerne mache."

Antal Sprok

Materialien und handwerkliche Einflüsse

Die deutsche Firma Würth und ihr Eigentümer und mit 15.000 Objekten Besitzer einer der größten Sammlungen der Welt wird auch für Sprok zum Mäzen: mittlerweile sind 21 seiner Objekte in dieser Sammlung. Aktuell arbeitet er gerade an sieben Objekten für das Würth-Museum, so ein geknitterter Tisch mit organischer Form, auf dem die einzelnen Phasen während des Klebens zu sehen sind.

"Ich bin jetzt hinter Materialien her, an denen der Zahn der Zeit schon sichtbar genagt hat. Wenn ich die morschen Teile beseitigt habe, kommt erst die wahre Schönheit zum Vorschein. Das ist ein bisschen so wie damals, als es noch keine Digitalkameras gab und wir im Fotolabor die Filme entwickelten. Es war so spannend, zu beobachten, welche neuen Teile jeden Augenblick entstehen. Genauso geht es mir mit diesen Oberflächen. Solange sie nicht gereinigt sind, sehen sie sehr hässlich aus, aber wenn ich die morsche Schicht abgebürstet habe, kommen diese schönen alten, gerippten Oberflächen zum Vorschein."

Antal Sprok

Sprok machte immer wieder prägende Begegnungen mit traditionellen Handwerkern, so auch in Siebenbürgen, als er in einem Wald zwei alten Holzschnitzern begegnete, die eine Sensenhütte bauten:

"Sie hatten nicht einmal ein Maßband, sondern nur einen Stock. Sie wussten nicht, wie lang der war, das spielte aber auch gar keine Rolle. Dieser Stock war die Maßeinheit, mit ihm wurde alles gemessen. Sie wussten nur, dass es zwei oder drei Zimmer geben wird. Sie hatten eine Axt. Mit dieser Axt schlugen sie mit teuflischer Geschicklichkeit immer auf dieselbe Stelle. Ich habe das später zu Hause ausprobiert, aber dazu braucht man viele Jahre Übung. Es sieht ganz einfach aus, trotzdem gibt es sehr wenige, die das richtig können."

Antal Sprok

Eine ganz besondere Triebfeder in seinem Leben ist, dass er eben keine Kunsthochschule absolviert hat. Sprok fühlt, dass er mehr als die anderen leisten muss. Die große Durchlässigkeit zwischen Handwerk, Kunsthandwerk und bildender Kunst, Möbelerzeugung oder Bildhauerei macht kreativ und frei:

"Ich lasse mich oft mit dem Mut eines Unwissenden auf Experimente und Lösungen ein, die andere für haarsträubend halten, sowohl von der Seite der Möbelerzeugung, als auch der bildenden Kunst. Ich schrecke vor den Aufgaben im Allgemeinen nicht zurück, im Gegenteil: ich sehe in jedem Objekt eine Herausforderung, sei es technisch oder formal. Wenn mir dann irgendwie eine Lösung gelingt, wenn ich ein Erfolgserlebnis habe, dann bringt mich das weiter."

Antal Sprok

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