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Bergbauernpreis 2015 Harte Arbeit für geringen Ertrag

"Helden der Berge" werden sie genannt: Die Bergbauern Südtirols, die heute noch in großer Zahl in den hintersten und entlegensten Tälern und Winkel der Südtiroler Berge ihre Höfe und Almen bewirtschaften und somit der Landschaft ihr unvergleichliches Gepräge geben.

Von: Hubert Schönegger

Stand: 09.08.2015 | Archiv

Bergbauernpreisverleihung | Bild: BR

Sie bewirtschaften ihre Höfe mustergültig, pflegen die Kulturlandschaft, produzieren hochwertige Lebensmittel und engagieren sich ehrenamtlich in Vereinen und Verbänden: Die Rede ist von den Bergbauernfamilien in Südtirol.

Das Leben auf einem Bergbauernhof ist eine Herausforderung. Die Wiesen sind oft steil, jede noch so kleine Arbeit ist um ein Vielfaches beschwerlicher als im Tal. Der Arbeitstag beginnt früh und endet spät. Und am Ende reicht das Geld oft nicht.

Umso bemerkenswerter ist, dass es immer noch über 6000 Bergbauernfamilien gibt, die mit unbeschreiblichem Fleiß und Zuversicht trotz aller Schwierigkeiten ihre Höfe mustergültig bewirtschaften. Das verdient Respekt und Anerkennung.

Stellvertretend für die über 6000 Bergbauern erhalten drei Bergbauernfamilien den Bergbauernpreis 2015 des Südtiroler Bauernbundes.

Andreas und Manuela Huber, Jennewein, Pfunders/Vintl

Andreas Huber ist ein Perfektionist. Zufrieden ist er erst, wenn auch der letzte Quadratmeter Wiese gemäht ist. Sauber und ordentlich muss alles sein! Bei acht Hektar Wiesen, 54 Hektar Weide und 58 Hektar Alm, die zum Hof Jennewein gehören, ist das gar nicht so einfach. Noch immer ist viel Handarbeit nötig. In den teils sehr steilen Wiesen können Maschinen nur begrenzt eingesetzt werden.

Mit dem Futter versorgt Andreas Huber im Durchschnitt 15 Fleckvieh-Rinder, vier bis fünf Ziegen und zwei Esel. Die Milch der Kühe wird täglich an den Milchhof Brimi in Brixen geliefert. Die Milchwirtschaft ist die wichtigste Einnahmequelle am Hof.

Gampielalm

Eine besondere Verbindung hat Andreas Huber zu seiner Alm, der Gampielalm oberhalb von Pfunders. Die Alm ist für die junge Familie ein wichtiges wirtschaftliches Standbein.

Andreas Huber

Alleine würde Andreas Huber die viele Arbeit auf den Wiesen und der Alm niemals schaffen. Wie so viele Bergbauern in Südtirol ist auch er auf die Mithilfe von Verwandten und Freunden angewiesen. Ein starker Zusammenhalt zeichnet viele Bergbauern aus.

Die allermeisten Almen werden in Südtirol – anders als in vielen Regionen Europas – noch beweidet. Die Bewirtschaftung verleiht den Almwiesen ihren ganz besonderen Charakter, den Einheimische wie Touristen gleichermaßen schätzen. Besonders hier oben zeigt sich, wie wertvoll die Arbeit der Bergbauern für den Erhalt der Kulturlandschaft ist. Almwege sichern die Bewirtschaftung auch in Zukunft. Wären die Almen nicht erschlossen worden, sähe es wohl anders aus.

Als klar war, dass die Alm erschlossen wird, haben sich Andreas und Manuela entschieden, einen Almausschank zu eröffnen. Seitdem sind Andreas und Manuela Huber mit ihren Kindern Magdalena und Philipp den ganzen Sommer über auf der Alm, zusammen mit allen Tieren des Hofes.

Der Almausschank auf der Gampielalm ist zu einem beliebten Ausflugsziel geworden – wohl auch dank der Auszeichnung zum Almausschank des Jahres in der Almregion Gitschberg/Jochtal.

Nach einem arbeitsintensiven Sommer wird es im Herbst auf der Alm allmählich wieder ruhiger. Für Andreas und Manuela Huber, die als Lehrerin arbeitet, heißt es bald Abschied von der Alm zu nehmen.

So gern alle in Frühsommer auf die Gampielalm gekommen sind, so gerne gehen sie nun wieder zurück auf den Hof im Tal.

Ende September werden die Rinder ins Tal getrieben. Der Almabtrieb ist immer ein besonderes Erlebnis – für die Menschen genauso wie für die Tiere.

Auch wenn das Heu im Stadel ist und die Tiere wieder von der Alm zurück sind, ruhig wird es dennoch nicht. Auf einem Bergbauernhof gibt es immer etwas zu tun.

Helene und Markus TumlerHauser, Marchegg-Hof, Schnals

Marchegg-Hof

Bergbauern sind, mehr als andere, den Launen der Natur ausgesetzt. Das zeigte sich 2014 besonders deutlich. Der viele Regen stellte Bergbauern wie Markus Hauser vor große Schwierigkeiten.

Von der Landwirtschaft alleine können viele Bergbauernfamilien heute kaum mehr leben und gleichzeitig investieren – und das trotz aller Bemühungen und der mustergültigen Bewirtschaftung, wie auch bei Markus und Helene.

Vorwiegend Grauvieh wird am Hof gehalten – im Durchschnitt 20 Rinder, dazu kommen noch 35 Schafe und 15 Ziegen. Für mehr Tiere würde das Futter der Wiesen nicht reichen. Heu zukaufen möchte Bauer Markus nur in Ausnahmefällen.

Markus Hauser

Die Milch, die nicht am Hof selbst gebraucht wird, liefert Markus Hauser an den Michhof Meran. Vom Hof bis zur Straße wird die Milch per Materialseilbahn transportiert.

Eine Besonderheit am Marchegg-Hof ist der Klettergarten, der nur wenige hundert Meter vom Hof entfernt ist. Er war einer der Gründe dafür, wieso Helene Tumler Hauser einen Hofschank eröffnet hat.

Der Hofschank ist, neben dem Urlaub auf dem Bauernhof, der wichtigste Zuerwerb für die Familie. Fleißig helfen auch die Töchter Angelika und Veronika im Hofschank mit.

Was auf den Tisch kommt, stammt zum allergrößten Teil vom Hof selbst.

Viele Bergbauernhöfe sind wahre Kulturdenkmäler und begehrte Fotomotive, wie auch der Marchegg-Hof, der unter Denkmalschutz steht. Der Hof geht auf das 14. Jahrhundert zurück, der zur Gänze aus Holz erbaute Stall auf das 16. Jahrhundert. Historisch besonders wertvoll ist der Kornspeicher aus dem 15. Jahrhundert, der vor einigen Jahren liebevoll saniert worden ist. Die Familie Tumler Hauser achtet sehr darauf, dass der Hof sein Flair behält.

Wohl auch deshalb wurde der Hof als Kulisse für den Kinofilm „Das finstere Tal“ ausgewählt. Für die Familie Tumler Hauser waren die Dreharbeiten und der Kontakt mit den bekannten Schauspielern eine einmalige Erfahrung.

Seit über 200 Jahren ist der Marchegg-Hof in Familienbesitz. Vor zehn Jahren haben Helene und Markus ihre Jobs aufgegeben und den Hof übernommen.

Im Winter, wenn draußen die Arbeit ruht, ist Markus Hauser häufig im Wald anzutreffen – oder bei den Schnalser Gletscherbahnen.

Schafe und Ziegen spielen im Schnalstal seit Jahrhunderten eine große Rolle. So auch bei Bäuerin Helene Tumler Hauser, die täglich bei ihren Psairer Gebirgsziegen und den Schnalser Schafen nach dem rechten schaut.

Während es für das Fleisch der Tiere einen Markt gibt, war die wertvolle Schafwolle ein Abfallprodukt. Das wollte Helene Tumler Hauser, die die Obfrau des Schafzuchtvereins Schnals ist, ändern. Für die Schafwolle muss es doch eine Verwendung geben, war sie überzeugt. Die zündende Idee für einen I-Potsch kam dann vom Direktor des Tourismusvereins Schnals Manfred Waldner.

Dank dieser Idee und der Zusammenarbeit zwischen Landwirtschaft, Tourismus und Handwerk haben nun etwa 30 Schafbauern im Schnalstal ein kleines zusätzliches Einkommen.

Peter und Heidi Gruber, Oberratschill, St. Martin im Kofel/Latsch

Oberratschill-Hof

Unterhalb von St. Martin im Kofel in der Gemeinde Latsch liegt auf knapp 1300 Metern der Oberratschill-Hof von Peter und Heidi Gruber und den Kindern Claudia, Markus, Andreas und Lydia.

Der Hof bringt es auf beachtliche 120 Erschwernispunkte. Entsprechend aufwändig ist die Bewirtschaftung des Hofes mit seinen knapp zehn Rindern der Rasse Braunvieh und vier Simmenthalern.

Peter Gruber

Lange war der Hof vom Tal oder von St. Martin aus nur zu Fuß zu erreichen, später kam ein steiler Traktorweg hinzu. Erst seit etwa 20 Jahren gibt es eine Zufahrt direkt zum Hof. Was für die Allermeisten normal ist, ist für Peter Gruber noch immer etwas ganz Besonderes.

Peter Gruber hat sich jahrelang nicht nur für eine neue Zufahrt eingesetzt, sondern auch für eine Bewässerung. Denn ohne Wasser ist eine Bewirtschaftung am Vinschger Sonnenberg schwierig. Seine Hartnäckigkeit hat sich ausgezahlt: Heute können die gesamten knapp sieben Hektar Wiesen bewässert werden.

Durch die neuen Wege und die Planierungen lassen sich die Wiesen größtenteils mit speziellen Maschinen für steile Wiesen, bewirtschaften. Große Probleme bereitet hingegen immer noch das Wild.

Dass der Oberratschill, der erstmals im 13. Jahrhundert erwähnt wurde, bisher von größeren Unglücken verschont geblieben ist, liegt vielleicht auch an einer Besonderheit am Hof.

Die Restaurierung des Herrgotts vom Oberratschill-Hof wird Peter Gruber Fachleuten überlassen. Alles andere macht er selbst. Er ist nicht nur Bauer, sondern auch Maurer, Tischler, Dachdecker und Mechaniker in einem. Zudem helfen die Söhne Markus und Andreas fleißig mit. Nur so ist es möglich, den Hof immer weiter zu verbessern und zu erneuern. Ohne Eigenleistungen wären die vielen Arbeiten nicht finanzierbar.

Seit mehr als 20 Jahren gibt es am Oberratschill-Hof mit einem Hofschank ein zweites Standbein. Neben der engen Zusammenarbeit mit Hoteliers und der besonderen Lage des Hofes ist ein Grund für den Erfolg, dass Heidi Gruber fast nur hofeigene Produkte verwendet.

Neben der Bewirtschaftung des Hofes ist Peter Gruber als Waldarbeiter beschäftigt. Die meisten Bergbauern gehen einem Nebenerwerb nach. Das zusätzliche Einkommen wird am Hof investiert. Die Arbeit ist für Peter Gruber ideal, weil er nebenher noch seinen Hof bewirtschaften kann. Dankbar ist er für das Verständnis seines Arbeitgebers, der Forstbehörde.

Peter Gruber hilft mit, wann immer es geht – so auch, als die neue Trink- und Löschwasserleitung gebaut wurde. Er weiß, wie wichtig es ist, wenn man hoch oben am Berg zusammenhält.

Die Ideen und die Arbeit gehen Peter Gruber auch in Zukunft nicht aus. Das nächste Projekt steht bereits: Eine neues Einfamilienhaus für Sohn Markus neben dem Hof.

(Dieser Text ist eine stark gekürzte und redaktionell bearbeitete Fassung des Sendungsmanuskripts.)


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Wolfgang Müller, Sonntag, 09.August 2015, 18:40 Uhr

1. Bergbauernpreis 2015

Ein sehr guter Vortrag. Ich werde die Höfe besuchen.