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Rai-Südtirol Das umstrittene Siegesdenkmal in Bozen

Eine Stadt, eine Geschichte … ein Denkmal – doch unterschiedliche Blickwinkel, was die vergangenen Jahrzehnte angeht. Das faschistische Siegesdenkmal in Bozen war und bleibt ein politischer Reibebaum, wenn heute auch weniger spürbar.

Von: Markus Perwanger

Stand: 01.11.2015 | Archiv

Bozen | Bild: BR

Hannes Obermair

Für viele Südtiroler eine Provokation, Faschismus in Stein gehauen – die meisten Italiener hingegen sehen es als Gedenkstätte und als ein Denkmal, das Selbstbewusstsein vermittelt – trotz seiner deutlichen faschistischen Symbolik.

"Die Opposition, der Widerstand, konnte sich natürlich erst nach dem Krieg zu Wort melden. Seit 1945, seit der Befreiung, blieb das Denkmal lange Jahre ein Zankapfel."

Hannes Obermair, Historiker

Ein faschistisches Denkmal?

Errichtet wurde das so genannte Siegesdenkmal in den Jahren 1926 bis 1928. Der damalige Stararchitekt Marcello Piacentini entschied sich für einen Triumphbogen nach römischem Vorbild. Die Säulen sind als faschistische Liktorenbündel gestaltet. Namhafte Künstler werden engagiert, der König, Viktor Emanuel III., erscheint gleich zweimal in Bozen.

"Der Faschismus hat versucht, sich in Szene zu setzen. Der große Architekt Piacentini hat dabei die Fäden gezogen. Das Denkmal war als ein Stern gedacht, dessen Strahlen in alle neuen Stadtviertel reichen sollten; ein enormes Bauprogramm also, um Italiens Größe zu demonstrieren."

Hannes Obermair, Direktor Stadtarchiv Bozen

Aufarbeitung des Siegesdenkmals

Sabrina Michielli

Jahrzehnte vergehen, bis Staat, Land und Stadtgemeinde einen gemeinsamen Weg finden und im Untergeschoss des Denkmals ein Dokumentationszentrum entsteht. Das Motto dabei: BZ wie Bozen, ein Denkmal, eine Stadt, zwei Diktaturen. Man beleuchtet und erklärt die Zeitspanne von 1918 bis 1945. Im Wesentlichen geht es dabei um den italienischen Faschismus, aber auch um die nationalsozialistische Besetzung des Landes am Ende des Zweiten Weltkriegs. Der Ausstellungsparcours geht zudem der Frage nach, wie ein schwieriges Erbe aus zwei Diktaturen in unserer Zeit aufbereitet und verarbeitet werden kann. Und das gilt für beide Seiten, für Deutsche und Italiener:

"Der Rundgang nimmt dem Denkmal seinen ideologischen Beigeschmack. Die Ausstellung distanziert sich vom Geist und den Ereignissen der damaligen Zeit. Ein Schwerpunkt liegt auf den kunsthistorisch und architektonisch bedeutenden Arbeiten, die wir hier vorfinden. Am Ende des Besuchs unserer Ausstellung dürfte es also keine Rolle mehr spielen, ob man als Italiener oder Deutscher da war."

Sabrina Michielli, Dokumentationszentrum Siegesdenkmal Bozen

Ein Erinnerungsort

"Es ist ein Ort der Erinnerung und der Geschichte, ein Ort von europäischer Dimension, wenn man so will. In der Ausstellung geht es um beide Diktaturen, um den italienischen Faschismus und um den Nationalsozialismus. Das Land Südtirol und die Stadt Bozen haben ja beide Diktaturen erlebt. Zudem haben wir es mit einem Graubereich der Geschichte zu tun, denn nicht immer ist klar, wer Opfer und wer Täter war."

Hannes Obermair, Historiker

Und in jedem Fall ein schwieriges Thema. Die Dokumentationsausstellung bringt etwas mehr Licht in ein dunkles Kapitel Zeitgeschichte.


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