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ADA-Spezial Grödner Christus für Fátima

Der Grödner Bildhauer Filip Moroder Doss hat für den berühmten Wallfahrtsort Fátima in Portugal eine zweieinhalb Meter hohe Christusfigur in goldlaminierter Bronze geschaffen.

Von: Anita Rossi und Peter Obexer

Stand: 11.09.2016 | Archiv

Wallfahrtsort Fatima | Bild: BR

Portugal 2013: Die Pilgerstätte Fátima schreibt einen internationalen Wettbewerb aus, um für das neue Presbyterium auf dem Vorplatz der Kathedrale eine große Christusstatue in Auftrag zu geben. Anlass ist das 100-jährige Jubiläum der Mutter-Gottes-Erscheinung. Filip Moroder Doss reicht das Modell eines auferstandenen Christus ein und hat Glück: Der Entwurf wird prompt zum Siegerprojekt gekürt.

"Ein Werk zu schaffen für eine Kirche, ist schon etwas Besonderes. Also, man muss sich schon bewusst sein, was man da schafft. Man schafft etwas, wo die Leute sich hingeben, beten, Kerzen anzünden, Blumen hintun. Öfter sieht man Freunde, und die Freundschaft zählt. Und den Wert für eine Kirche zu machen, ist ein Wert für immer."

Filip Moroder Doss

Ein Bildhauer aus St. Ulrich

Filip Moroder Doss

Die Bildhauerei liegt bei den Moroder Doss aus St. Ulrich in der Familie: Bereits der Vater war akademischer Bildhauer. Als Künstler selbstständig gemacht hat sich Filip Moroder Doss bereits sehr früh. Knapp oberhalb des Dorfkerns hat er die Werkstatt eingerichtet, in seinem alten Geburtshaus:

"Da habe ich damals in der Lehre bei meinem Vater angefangen. Das war die alte Werkstatt, hier in meinem Geburtshaus. Gleich daneben, die ganze Lehre hat sich da abgespielt. Der Vater hat uns auch ganz toll Freiheit gelassen, in der Lehre. Er hat dann gesagt: 'Probiert, einen Stil zu finden.' Und das haben wir getan. Und so sind wir Gott sei Dank nicht in eine Massenproduktion gekommen. Und das hat alles so angefangen."

Filip Moroder Doss

Heute ist Filips Kunstwelt jene der Dolomiten-Sagen und -Mythen und jene des katholischen Glaubens. Die sakrale Kunst nimmt in seinem Schaffen einen zunehmend großen Stellenwert ein.

Arbeit am Christus

2015 beginnt Filip in eben dieser Werkstatt die Arbeit am portugiesischen Christus, der Christusstatue für Fátima: Zuerst formt der Künstler ein Metallgerüst fürs Tonmodell, dann geht es ans Füllen, Spachteln und Glätten. In einem zweiten Schritt kommen die Kunstgießer zum Zug, die noch in der Grödner Werkstatt einen Negativabdruck der großen Statue anfertigen und mit nach Vicenza nehmen, wo der Abdruck für das Wachsmodell gebraucht wird.

"Die Kunstwerke kommen also zuerst in diese Abteilung wo der Künstler uns das Modell in Holz, Ton oder Gips übergibt. Wir schauen uns das Modell genau an. Schaffen eine Art Negativschale, die aus einem vorderen und hinteren Teil besteht. Zuerst wird eine dünne Schicht Silikon mit einem Pinsel aufgetragen, die wie ein Handschuh die Skulptur ummantelt. Dann kommt die Gipsschicht drüber, die Halt und Struktur gibt. Wenn wir diese sogenannte Grünform, das Negativ haben, kommt eine erste Wachsschicht drauf. Echtes Bienenwachs, dem wir schwarze Farbe beigemischt haben. Auf Schwarz sieht man Fehler nämlich besser. Die Form wird dann geschlossen und es kommt Flüssigwachs hinein. Wir wollen eine fünf Millimeter dicke Wachsschicht. Das ist dann etwa Stärke der Bronzeschicht unserer Skulptur am Ende des Vorgangs. Gefüllt wird die Form mit einem feuerfesten Stoff, meistens Schamott. Die wird später entfernt, sodass wir einen Hohlraum in der Bronzefigur haben. Je feiner die Schicht, desto leichter kann man sie bearbeiten."

Mirco Paolini, Kunstgießer, Vicenza

Zuerst wird ein feines Pulver in Flüssigform auf die Wachsfigur gespritzt, um einen Film zu bilden, das jedes kleinste Detail nachzeichnet. Dann erst kommt eine grobe Schicht Schamottenerde dazu.

"Nachdem die Figur umhüllt worden ist, wartet man ein paar Tage ab, bis dieser feuerfeste Mantel ganz trocken ist. Dann wird alles in den Ofen gesteckt. Nachdem die Figur fertig gebrannt ist, wartet man, bis sie abgekühlt ist, um sie dann auf eine Plattform zu heben, die über Hydraulikkolben gesenkt werden kann. Zwischen dem äußeren Mantel und dem inneren Kern habe ich durch den Wachsschmelzprozess einen Hohlraum. Zu diesem Zeitpunkt ist das Material sehr brüchig. Die Figur wird vorsichtig auf die Plattform gehoben, der Raum drum herum wird mit Erde gefüllt. Jetzt kommt der mit Spannung erwartete Moment: Der Bronzeguss, Flüssigmetall mit 1.200 Grad Celsius. Hätten wir keine Erdabdeckung als Halt, würde die Figur bei dieser Temperatur platzen. Eine halbe Stunde nach dem Guss heben wir die Figur hoch und entfernen die Erde. Die Form wird zerschlagen und heraus kommt die eigentliche Bronzefigur."

Stefano Lora, Kunstgießer, Vicenza

Die Bronzeskulptur, jetzt noch in ihrem Grobzustand, wird vom Bambusgerüst befreit, das nun ebenfalls aus Bronze ist. Dieser Schritt erfordert viel Handarbeit: Jedes überflüssige Teil muss schonend weggefräst oder mit Stichel beseitigt werden.

Vom ersten Negativabdruck in der Gießerei bis zur Politur sind bereits an die 60 Tage vergangen. Zweieinhalb Meter groß und 150 Kilogramm schwer ist er geworden, der Bronze-Christus für Fátima. Zurück in der Werkstatt wird er jetzt noch vergoldet – der letzte Schritt einer langen Reihe von geübten Handgriffen.

Reise nach Fátima

Scherzhaft schlägt Gaetana Guarnaccio, ein Freund des Künstlers, seinem Freund vor, die Auftragsarbeit eigenhändig nach Fátima zu bringen. Zwei Monate später wird das Vorhaben konkret.

"Dann ruft mich eines Tages Filip an und erinnert mich an unsere Abmachung, seinen Christus nach Fatima zu bringen. Ich habe am Anfang nicht geglaubt, weder, dass wir ihn fahren würden, noch dass ein Kamerateam uns folgen würde. Ein gefühlsstarker Moment."

Gaetana Guarnaccio, Freund des Künstlers, Bozen

Die drei Freunde werden insgesamt bis Fátima über 2.500 Kilometer zurücklegen, aufgestückelt in vier Tagesetappen: Die Reise führt über Mailand bis an die französische Grenze. Durch den Frejus-Tunnel gelangt die kleine Gesellschaft nach Lyon und von dort weiter nach Bordeaux.

Mittlerweile sind die drei in Portugal angekommen. Beim kurzen Stopp an der Atlantikküste, vor der offiziellen Übergabe der Christusstatue in Fátima, stoßen die Ehefrauen dazu. Kurz ausspannen heißt es und sich an Land und Leute gewöhnen.

Fátima ist einer der wichtigsten Wallfahrtsorte der römisch-katholischen Kirche. Er liegt mit seinen nur 11.000 Einwohnern an der Hauptverkehrsader zwischen Lissabon und Porto und lebt mittlerweile vom Pilgertourismus, auch von den vielen Kranken, die den Ort mit der Hoffnung auf Wunderheilung aufsuchen.

Der Christus kommt an

Fátima wäre vermutlich ein unbekannter Ort auf der Landkarte geblieben, hätte sich hier nicht 1917 eines der größten Rätsel der Kirchengeschichte ereignet: Drei Hirtenkinder berichteten später von der Erscheinung einer mysteriösen Frauengestalt. Die Erscheinungen samt überlieferter Offenbarungen der Muttergottes wurden vom Vatikan später für glaubwürdig erklärt. Die große Anziehungskraft des Städtchens Fátima erkennt man heute nicht nur an den Menschenmassen, sondern auch an der Intensität der Beziehung der Pilger zu ihrem Ziel, dem größten Kirchenvorplatz der Welt.

300.000 Leute fasst der Platz an großen Feiertagen. 2017 feiert man hier das 100-jährige Jubiläum der Mutter-Gottes-Erscheinungen, und bis dahin soll das Areal herausgeputzt werden. So entsteht zum Beispiel ein neues Presbyterium für die Messfeiern im Freien vor der alten Basilika. Die Verwalter des Heiligtums in Fátima haben europaweit Künstler für dessen Gestaltung gesucht. Das neue Presbyterium soll die Formen und Farben der modernen Dreifaltigkeitskirche genau gegenüber widerspiegeln. Bei dieser Kirche handelt es sich um den bislang größten sakralen Neubau des 21. Jahrhunderts, um das Werk des Griechen Alexandros Tombazis.

An dieser Betonmauer plant man die Christusstatue des Grödner Bildhauers Filip Moroder Doss zu befestigen. Diesem Moment hat die Reisegruppe lang entgegengefiebert: der Übergabe des Kunstwerks an die Pilgerstätte. Eine Begutachtung folgt dabei der nächsten.

"Die Übergabe eines Werkes ist eine Bestätigung. Der Auftraggeber sieht das zum ersten Mal. Man muss sich vorstellen, die haben mich frei schaffen lassen, haben in mich Vertrauen gehabt, und jetzt ist das angekommen, was sie von mir erwartet haben. Ich werde diesen Moment nie vergessen, das ist sicherlich eine große Bestätigung."

Filip Moroder Doss, Künstler, St. Ulrich


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