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Andere mediale Texte Visuelle Ebene: Kamera

Von: Christian Albrecht

Stand: 16.06.2021

Hier beantworten wir folgende Fragen:

  • Wodurch zeichnet sich die visuelle Ebene des Films aus?
  • Welche Funktion haben Einstellungsgröße, Kameraperspektive und -bewegung?
  • Welche Einstellungsgrößen gibt es?
  • Welche Perspektiven kann die Kamera einnehmen?
  • Welche Bewegungen kann die Kamera vollziehen?

Der Regisseur, Drehbuchautor und Produzent Martin Scorsese gehört zu den renommiertesten und einflussreichsten Filmschaffenden des späten 20. Jahrhunderts.

Ein Storyboard ist eine zeichnerische Version eines Drehbuchs.

Bei den Vorbereitungen seiner Filme geht Scorsese besonders akribisch vor: In detaillierten Storyboards visualisiert er die filmischen Bewegungsabläufe seiner Filme zeichnerisch, häufig bevor überhaupt eine Aufnahme "im Kasten" ist. Auf diese Vorarbeit in einem Interview angesprochen, äußerte sich der Regisseur folgendermaßen:

"Während ich zeichne, denke ich über die Bildkomposition nach, darüber, welches Objektiv ich verwenden werde und wie eine Einstellung mit der nächsten in Verbindung steht. Die Kamera, ihre Bewegung, der Bildaufbau, die Bewegung der Figuren und Objekte innerhalb des Bildes – das alles muss in meinem Storyboard enthalten sein, wenn man darüber diskutieren will."

(zit n. Henkel, Katharina/Jaspers, Kristina/Mänz, Peter (Hrsg.): Zwischen Film und Kunst. Storyboards von Hitchcock bis Spielberg, Bremen 2011, S. 173)

Scorsese spricht hier wesentliche visuelle filmsprachliche Elemente an, hebt aber einen Aspekt besonders in den Vordergrund: die Kamera samt ihrer verschiedenen Einstellungsgrößen, Perspektiven und Bewegungen. Sie ist es in erster Linie, die entscheidet, was man auf welche Art und Weise und zu welchem Zeitpunkt als Zuschauer zu sehen bekommt.

Die Einstellungsgröße ist die zentrale Kategorie, durch die die Wahrnehmung des Zuschauers gelenkt wird. Durch die Wahl, ob der Kamerablick beispielsweise eine Figur in einer Groß-, Halbnah- oder Totaleinstellung zeigen soll, wird entschieden, wie distanziert sich der Zuschauer vom Geschehen empfinden soll.

Die Kameraperspektive

Kameraperspektive auf Augenhöhe eines Gesprächspartners

Neben der Einstellungsgröße ist die Kameraperspektive eine weitere Möglichkeit, die Wahrnehmung des Zuschauers zu lenken und zu beeinflussen.

Kamerablickwinkel aus Perspektive eines Kindes

Die Wahl einer bestimmten Perspektive bestimmt, ob die Kamera die außerfilmische Wirklichkeit vor allem neutral abbildet, oder ob sie das Gezeigte wertet und kommentiert und dabei einzelne Details in den Vordergrund der Betrachtung rückt.

Die sogenannte Untersicht kann Macht ausdrücken.

Je stärker die Perspektive der Kamera dabei von der normalen Sicht (= Normalansicht) auf Augenhöhe des Zuschauers und von der Mitte des Bildes abweicht, desto expressiver wirkt das Bild auf den Zuschauer.
Aufnahmen von unten (= Untersicht beziehungsweise – bei extremen Perspektiven – Froschperspektive) können die gefilmte Person bedrohlich und/oder (über-)mächtig wirken lassen.
Aufnahmen von oben (= Aufsicht beziehungsweise – bei extremen Perspektiven – Vogelperspektive) dagegen können die gefilmten Objekte unterlegen erscheinen lassen.

Unter Kadrierung versteht man die Auswahl eines Bildausschnitts und dessen ästhetische Gestaltung.

Selten ist die Kamera über längere Zeit statisch: Man kann sie schwenken (= Horizontale Bewegung um die senkrechte Achse der Kamera), rollen (= Bewegung um die Blickachse der Kamera ) und neigen (= Bewegung um die waagrechte Achse der Kamera). Des Weiteren wird die Kamera in der Kamerafahrt bewegt: entweder parallel zu den Objekt- beziehungsweise Figurenbewegungen oder parallel zu der Blickachse, wobei sich der Blick entweder auf Objekte zu oder weg bewegt. 

Auch mit Hilfe des Zooms kann man Objekte größer oder kleiner erscheinen lassen. Hierbei wird die Brennweite des Objektivs entsprechend verändert, ohne dass man dabei die Kamera bewegen muss. Einige Regisseure haben die Kamerafahrt und den Zoom miteinander kombiniert und so interessante Effekte erzeugt. Besonders eindrücklich ist dies Alfred Hitchcock in seinem Film "Vertigo" gelungen, dem der Effekt letztendlich auch seinen Namen zu verdanken hat.

1.

Die Einstellungsgröße wird mit der Kameraperspektive verwechselt. Erstere meint den Bildausschnitt, während die zweite den Winkel beschreibt, aus der der Bildausschnitt gefilmt wird.

2.

Die Kamerafahrt wird mit dem Zoom verwechselt. Bei der Fahrt verändert sich der Standort der Kamera, beim Zoom bleibt er gleich.

3.

Die verschiedenen Aspekte der Kamera werden nur technisch bestimmt, ohne ihre Funktion zu hinterfragen.

4.

Die Bestimmung der Funktion filmsprachlicher Mittel wird als Automatismus angesehen. Doch Vorsicht: Nicht jede Untersicht auf eine Figur beispielsweise lässt diese zwangsläufig bedrohlich erscheinen. Bei einem entsprechenden (z. B. humorvoll-ironischen) Kontext ließe sich auch eine entgegengesetzte Wirkung erzeugen.

1.

Die visuelle Ebene wird maßgeblich durch die Kamera bestimmt.

2.

Man unterscheidet:

  • Einstellungsgröße
  • Kameraperspektive
  • Kamerabewegung
  • Kadrierung

3.

Je stärker die Perspektive der Kamera von der normalen Sicht auf Augenhöhe des Zuschauers und von der Mitte des Bildes abweicht, desto expressiver wirkt das Bild auf den Zuschauer.

Einstellungsgrößen

  • Supertotale/Weite/Panoramashot
  • Totale
  • Halbtotale
  • Amerikanische
  • Halbnahe
  • Nahe
  • Groß
  • Detail

Kameraperspektiven

  • Vogelperspektive
  • Aufsicht
  • Normalansicht
  • Untersicht
  • Froschperspektive

Kamerabewegungen

  • Schwenken (= Horizontale Bewegung um die senkrechte Achse der Kamera)
  • Rollen (= Bewegung um die Blickachse der Kamera)
  • Neigen (= Bewegung um die waagrechte Achse der Kamera)
  • Kamerafahrt (= Bewegung der Kamera auf ein Objekt zu, von einem Objekt weg bzw. parallel zu einem Objekt)
  • Zoom (= Veränderung des Bildausschnitts ohne Bewegung der Kamera durch Veränderung der Brennweite des Objektivs)